Mittwoch, 19. März 2008

Diskussion mit Kloty die letzte

Kloty hat in einem Kommentar am 21. Februar im Estland Blog erklärt, er verträte nicht die Position der enttäuschten Russen.
Bei der Aufstellung der durch die Okkupation verursachten Kosten durch Estland ist ihr gutes Recht und keine Spekulation darüber, was wäre gewesen, wenn sie nicht stattgefunden hatte. Eine Aufrechnung wird es erst, wenn Rußland, wie Kloty auch gleich einwendet, eine Gegenrechnung des Nachkriegaufbaus und der Olympischen Spiele aufmacht. So aber argumentieren exakt die enttäuschten Russen. Warum anerkennen sie nicht einfach einmal, ja, das war ein Fehler eines verbrecherischen Regimes in der Sowjetunion.
Und dazu gehört selbstverständlich auch die Frage der Territorien. Auf einem Denkmal, daß an den Freiheitskampf erinnert, sind die damaligen Grenzen natürlich am richtigen Ort. Oder sollen nach Klotys Ansicht jetzt alle Geschichtsatlanten geändert werden?
Kloty verlangt mit Stunde 0 und Neuanfang immer nur Zugeständnisse von Seiten der Esten, die aber nun am allerwenigstens für die Sowjetherrschaft verantwortlich sind.
Und wieso „nahes Ausland“. Wir Deutsche bezeichnen ja auch die Luxemburger nicht als nahes Ausland. Ausland ist Ausland. Punktum.
Übrigens trifft die finno-ugrischen Einwohner in den von Estland abgetrennten Gebieten dasselbe wie nicht russische Völker anderswo in der russischen Föderation. Zwar verbietet ihnen niemand die eigene Sprache, aber im Gegenteil zu Ländern wie der Schweiz, die alles unternimmt, um das Aussterben des Rätoromanischen zu verhindern, setzt Rußland alles daran, genau dies zu erreichen.
Ich lebe seit 15 Jahren in Estland und Lettland. Die wenigsten Russen, die ich bislang getroffen habe, denken so wie Kloty. Vergleichbare Äußerungen höre ich nur von solchen Russen, die der Sowjetunion nachtrauern.
Übrigens hat Egbert Jahn inzwischen geantwortet. Er hat diese Äußerung in jenem Zusammenhang getan, daß Stalin mit der Bildung der Sowjetunion ursprünglich eine Alternative zum Völkerbund anbieten wollte, also im Unterschied zur Schweiz, den USA oder Deutschland den Anspruch erhob, einen Staatenbund zu gründen und keinen Bundesstaat. Kantone, Bundesländer und Staaten können aus den genannten Staaten auch nicht austreten. Aber ich denke, es besteht Einigkeit darüber, daß die Sowjetunion ein Staat war.
Aber zurück zu Kloty. Sein Neuanfang verlangt von den Esten, die Befindlichkeiten der Russen zu akzeptieren, während eine entsprechende Gegenleistung bislang mit keinem Wort erwähnt wurde. Statt dessen kommen von seiner Seite Aufrechnungen, die alles entschuldigen sollen. Ich betrachte damit diese Diskussion als beendet.

Dienstag, 18. März 2008

Diskussion mit Kloty

Die Diskussion mit Kloty beginnt zu langweilen, weil ich mich nun wiederholen muß, aber auch deshalb, weil Kloty einige Argumentationen entweder nicht versteht oder nicht verstehen will. Für das Zitat von Egbert Jahn hätte ich wiederum gerne einen Beleg. Ich habe im Internet nichts Vergleichbares finden können, aber in Mannheim bereits angefragt.
Es ist schon möglich, daß Jahn in einer Diskussion oder Publikation die Diskussion über die EU-Verfassung pointiert kommentiert hat. Jedoch wird er es kaum so wörtlich gemeint haben, wie Kloty es zitiert. Die Sowjetunion war ein – auf dem Papier – föderaler Staat, die EU dagegen ist, trotz der Begriffsgleichheit UNION, was gerade im Baltikum vielen einfachen Menschen vor dem Beitritt Angst gemacht hat, eine supranationale Organisation. Die Angleichung von Normen innerhalb der EU geschieht auf Wunsch nationaler Regierung und Parlamente, ohne deren Unterstützung eine Umsetzung gar nicht möglich wäre. Und es gibt ja auch genug Ausnahmen. Nicht alle EU-Staaten haben den Euro, die Briten nicht einmal das metrische System, um nur zwei Beispiele zu nennen.Ich bin kein Freund von Argumentationen via Vergleichen, sondern der Ansicht, das Dinge aus sich heraus begründet werden sollten. Doch Kloty drängt mir dies auf. Gleichzeitig versteht er nicht, was eine Argumentation der Aufrechnung ist. Daß die Esten vorrechnen, welche Kosten die Okkupation erzeugt hat, ist ihr gutes Recht. Der Wohlstand der baltischen Staaten war im europäischen Vergleich vor der Okkupation größer als er es heute ist. Eine Aufrechnung hingegen liegt im Kleinreden der eigenen Sünden durch den Verweis auf die anderer. Dies hat Kloty mit dem Hinweis auf den Kolonialismus getan. Mir ist nicht bekannt, daß die Esten die Sünden der Sowjets gegen die der deutschen Oberschicht der Jahrhunderte zuvor aufrechneten oder gar mit den Sünden der Kolonialherren in anderen Gegenden der Welt verglichen. Kloty möchte doch bitte noch einmal erklären, was das Sprichwort, den Bock zum Gärtner zu machen, an dieser Stelle soll. Am besten schicke er einen Link zur Homepage des estnischen Außenministeriums. Vielleicht ist mir das Dokument ja entgangen.Folglich auch der fortgesetzte Parforceritt durch das internationale Recht. Also gut, nehmen wir an, wir kauften uns zwei Inseln, dann hätten wir zumindest ein Territorium, das ist einer von drei anerkannten Aspekten zur Definition eines Staates. Wir bräuchten also auch noch ein Volk und die Staatsgewalt. Das wäre gegeben, wenn irgendwelche Ureinwohner uns z. B. als ihren gottgegebenen Herrscher ansehen würden und wir tatsächlich herrschten. Das bezieht Verteidung mit ein, diese Eingebohrenen müßten also auch ein Heer bilden. Aber selbst wenn wir diesen ganzen Quatsch als gegeben annehmen, hätten wir noch immer nur Territorium erworben, welches politisch zu wenigstens einem existierenden Staat gehörte – oder wir kaufen zwei Inseln in zwei verschiedenen Staaten. Jedenfalls gibt es außer der Antarktis kein zu keinem Staat gehörendes Territorium auf der Erde. Alles dies verhält sich bei Estland und Sowjetrußland – die Sowjetunion gab es damals noch nicht – ganz anders, es handelt sich um politische Gebilde, welche auf dem Territorium eines existierenden Staates durch die revolutionäre Entmachtung der vorherigen Regierung entstanden sind. Lenin hat ja Rußland nicht gekauft und die Esten nicht Estland. Ganz im Gegenteil, sie haben sich ihre Freiheit in einem inländischen Krieg, nennen wir ihn ruhig Bürgerkrieg, hart erkämpft. Sowjetrußland anerkannte die baltischen Länder erst nach einer militärischen Niederlage! Hierzu ist auch der Briefwechsel mit Frau Jelpke interessant, wo sie als Vertreterin der Linken, Kloty ist ja nach eigenen Angaben auch links, nicht einmal diese Tatsache anerkennt. Also, noch einmal in einem Satz: Sowjetrußland stürzte die Regierung eines bestehenden Staates und verlor in einem Bürgerkrieg einen Teil seines Territoriums, was zunächst es selbst akzeptiert hat und dann vom Rest der Welt anerkannt wurde. Der Kauf von zwei Inseln ist also ein an den Haaren herbeigezogener Vergleich. Warum außerdem Inseln, warum nicht der Garten eines Reihenhauses? Abgesehen davon, wenn Sowjetrußland kein Staat war, dann ist ja wohl Kuba bis heute keiner, oder habe ich etwas falsch verstanden?Sowjetrußland anerkannte die Unabhängigkeit 1920 „für alle Ewigkeit“, die dann bekanntlich gerade einmal 20 Jahre währte, ein wenig länger immerhin als das tausendjährige Reich. Ein Verzicht auf die Bemühung der Friedensverträge von damals, die Kloty als Hinderungsgrund der Ratifizierung der Grenzverträge durch Rußland ansieht, hätte nun wieder bedeutet, der russischen Sichtweise zuzustimmen, daß die baltischen Republiken der Sowjetunion freiwillig beigetreten sind. Warum sollten die baltischen Staaten diesem Unsinn zustimmen?
Daß Problem Rußlands besteht darin, daß es in vielen Bereichen der Rechtsnachfolger der Sowjetunion ist, aus freien Stücken. Aber mehr noch liegt die Schwierigkeit darin, und das habe ich nun mehrfach betont, daß die Russen der Ansicht sind, die Sowjetunion sei im Recht gewesen. Warum anerkennt Rußland nicht seinerseits die Unrechtmäßigkeit der Okkupation, während die baltische Republiken der Macht des Faktischen, der Vernunft und dem Willen des Westens nachgeben und auf ihr Territorium verzichten. Die baltischen Länder haben genau dies getan, Rußland hingegen beharrt auf dem „nahen Ausland“. Kloty selbst hat den Vorschlag des Neuanfangs eingebracht gehabt. Ja und warum gilt das immer nur für die anderen?
Klotys Argumentation beruft sich mal auf angebliche Meinungen anderer, dann wieder auf die Macht des Faktischen und manchmal auf das Recht. Ein Schuh wird aus einer Argumentation aber erst, wenn man alles gleichzeitig berücksichtigt. Ich habe mal eine Diskussion mit einem Deutschen geführt, der meinte, Lettisch werde aussterben, weil kleine Sprachen von den Muttersprachlern in Zukunft zugunsten des Englischen aufgegeben werden. Meine Einwände, warum ich dieses Szenario für eher unwahrscheinlich halte, schob er beiseite mit dem Hinweis, daß ein solcher Schritt aber vernünftig sei und darum auch Ziel der Politik sein sollte. As ich ihm erklärte, daß Sprachen wesentliche Kulturträger sind und jede ausgestorbene für die Menschheit ein Verlust ist, konterte er wiederum damit, daß die kleinen Sprachen ja sowieso verschwinden. In solchen Diskussionen kommt man nicht weit.

Samstag, 15. März 2008

Deutschland, Deine Politiker, Deine Wähler und Deine Journalisten

Aktualisiert 17.03.2008.
Da haben wir also den Salat! Erst wird von Politikern versprochen, was das Zeug hält und was man nicht halten kann, anschließend stellen sich die Politiker gegenseitig und unter Anführerschaft der Medien an den Pranger. Wortbruch lautet der Vorwurf. Folglich wird es wohl erst einmal keine neue Regierung in Hessen geben. Was für ein Kasperletheater, mag man denken, aber wer führt eigentlich Regie?
So viel steht jedenfalls fest, daß vorwiegend Politiker und Journalisten eine Einbindung der Linken in eine Zusammenarbeit ablehnen, was etwa deutlich wird in Sendungen wie dem Presseclub. Im Gegenteil sieht die öffentlichen Meinung, ein großer Teil der Durchschnittsbürger diese Frage gelassener bis hin zu wohlwollendem Verständnis, was sich in Sendungen zeigt, wo Hörer telefonisch an der Diskussion teilnehmen dürfen wie im Presseclub oder auch dem WDR-Tagesgespräch.
Damit hier nichts falsch verstanden wird. Zum Glück ist Deutschland ein demokratischer Staat, in dem weder Partei noch Wähler ihren Abgeordneten konkrete Vorschriften machen können und dürfen, ein imperatives Mandat gibt es nicht. Selbstverständlich wirkt gleichzeitig eine Macht des Faktischen, die weder zu unterschätzen noch abzulehnen ist. Ein Politiker will – meistens wenigstens – wiedergewählt werden, und dazu ist er erstens auf das Wohlwollen der Wähler angewiesen wie auch angesichts des deutschen Wahlrechts auf die Gunst seiner Partei, ohne die er eben nicht aufgestellt würde. Wenn also die hessische SPD-Abgeordnete Dagmar Metzger aus Gewissensgründen Andrea Ypsilanti nicht zur Ministerpräsidentin wählen will, so denn die Mehrheit mit der Linkspartei zustande kommt, ist dies ihr gutes Recht.
Aber es macht natürlich die politische Situation nicht einfacher und sorgt im Blätterwald für ordentliche Häme gegenüber den Sozialdemokraten, die freilich das ihrige dazu getan haben, wobei die Äußerungen Becks vor seiner Krankheit vermutlich weniger schaden angerichtet haben als die anschließende harsche Kritik am Vorsitzenden aus den eigenen Reihen. Wenig verständlich ist in der Tat, warum Frau Metzger ein Urlaub wichtiger war, als eine so weitreichende Entscheidung. Vielleicht hat sie sich zu wenig Gedanken darüber gemacht, daß ihr Handeln für die eigene Partei etwa so positive Nachwirkungen hat wie die Empfehlung Wolfgang Clements vor dem Urnengang, Ypsilanti nicht zu wählen. Herzlichen Glückwunsch SPD!

Abkehr vom Blockdenken
Zwar gab es in Brandenburg zwischen 1990 und 1994 sowie in Bremen von 1991 bis 1995 bereits Ampelkoalitionen, aber in Berlin scheiterten solche Verhandlungen auf Landesebene 2001. Doch die Zeit ist, wie bereits diskutiert, für solche Bündnisse nur insofern reif, als sie ebenso wie die Jamaika-Koalition bei Ausschluß der Linken die einzigen Alternative zur großen Koalition sind. Die jeweilige Konstellation ist entweder für die FPD respektive die Grünen ein Kompromiß, der dem Umfallen nahekommt, da die Inhalte verhältnismäßig weit von den jeweils beiden anderen Bündnispartnern entfernt sind, auch wenn der Europapaparlamentarier und Vorsitzende der sozialistischen Fraktion, Martin Schulz, jüngst nicht zu Unrecht im Deutschlandradio betonte, daß es in der Bevölkerung in Deutschland eine Mehrheit gebe, die sozialen Ausgleich kombiniert mit ökologisch verantwortlichem Handeln befürworten und eine liberale Welteinstellung haben.
In Hamburg hingegen gibt es zur großen Koalition und dem Bündnis mit der Linken eine ganz andere Option, eine schwarz-grüne Koalition. Diese hatte bereits 1992 der heutige Ministerpräsident Baden-Württembergs, Günther Oettinger (Dank an Kloty!), erwogen, aber zweifelsohne ist die Bereitschaft dazu heute größer, gilt es doch sowohl für die CDU wie auch für die Grünen aus der Isolation durch die Fixierung auf einen Partner auszubrechen. Die Grünen haben es in dieser Koalition trotz noch fremdelnder Partner im Gegenteil zu Jamaika einfacher, weil es sich eben nur um ein Zweierbündnis handelt. Darüber hinaus dürfte es in Zusammenarbeit mit der CDU, aber ohne die FDP, für die Grünen auch einfacher sein, eigene Inhalte durchzusetzen. Dazu zählen etwa die Bereiche Umwelt und Soziales, wo wertkonservative CDUler wie auch die „Herz-Jesu-Fraktion” ihrerseits den wirtschaftsliberalen Ideen der FDP eher ferner stehen.
Auf den Hessen lastet nunmehr die Verantwortung richtungsweisender politscher Entschdeidungen, die auf Deutschland in den nächsten Jahren wohl zukommen. Auch Neuwahlen würden wohl kaum den Politikern und Journalisten genehmere Mehrheiten schaffen, denn wie viele einfache Bürger zutreffend feststellen, läßt die Gerechtigkeitsdebatte grüßen auf der Suche nach den Ursachen für die Erfolge der Linken in westdeutschen Landesparlamenten.
Aber vielleicht hat das derzeitige Szenario auch Vorteile. Wenn anläßlich der konstituierenden Sitzung des Landtages in Wiesbaden keine neue Regierung installiert werden kann, regiert die alte weiter, aber eben ohne Mehrheit. Schnell wird so erstens das Problem Koch zum Problem der CDU und zweitens wird der Blätterwald sich genötigt sehen zu diskutieren, wie das Problem zu lösen ist. Die Parteien werden im Parlament öffentlich Tacheles reden, in ihrem Abstimmungsverhalten Farbe bekennen – und sich vermutlich demzufolge auch bewegen müssen. Da nunmehr schon Guido Westerwelle sich dahingehend geäußert hat, rückt mittelfristig doch die Bildung einer Ampelkoalition in den Bereich des Möglichen.

Auseinandersetzung mit der Linken unausweichlich
Das ändert aber sicher nichts daran, daß die Frage von Bündnissen mit der Linken nicht von der Tagesordnung ist. Die Republik wird die Politikfähigkeit der Linken auch im Westen beobachten müssen anstelle der Empörung über die Machtbeteiligung, denn die nächsten dunklen Wolken ziehen bereits auf. Da muß gar nicht bis zur Bundestagswahl abgewartet werden. Es könnte etwa passieren, daß die Linke in den ostdeutschen Ländern nicht nur die SPD überflügelt, sondern vielleicht auch stärkste Partei wird. Und was dann?
In nächster Zukunft ist mehr Pragmatismus als Stimmungsmache gefragt. Die Republik kann kollektiv die Wähler der Linken ignorieren, deren Sorgen und Nöte Grund der Wahlentscheidung sind. Daß die CDU einstweilen der SPD den Aufstieg der Linken vorwirft, ist ein Scherz. Zwar sorgt die Agenda 2010 für Ärger bei SPD-Anhängern, doch unter einer schwarz-gelben Regierung wäre die Linke wohl kaum weniger erfolgreich gewesen.
Bliebe noch die von manchen in den Raum gestellte Frage nach der Radikalität der Linken, also ihrer Verfassungsfeindlichkeit. Einstweilen scheint diese jedoch weniger in Frage zu stehen als die der NPD, ein Verbot wurde nicht einmal diskutiert. Die Linke ist nicht für einen anderen Staat, sondern für einen im wirtschaftlichen und sozialen Bereich aktiveren. Das aber steht eigentlich sogar im Grundgesetz: Artikel 20 (1) „Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.”
Die deutsche politische Kultur wird sich wandeln müssen hin zu inhaltlichen Aussagen und weg von vollmundigen „Eheversprechen” vor Wahlen. Daß die Linke in den hessischen Landtag eventuell einziehen würde und damit die Mehrheitsverhältnisse denen im deutschen Bundestag gleichen, war bereits vor dem Urnengang alles abdeee als ausgeschlossen und war Thema. Andernfalls hätte Frau Ypsilanti kein Versprechen gegen eine Zusammenarbeit abgeben müssen. Genau aus diesem Grunde ist das lange Zögern der Frau Metzger nicht nachvollziehbar.

Anregungen aus dem Ausland
Angesichts des Zwanges zur Großen Koalition, schlösse man alle bislang diskutierten Modelle aus, könnte an einen Übergang zur Konkordanzdemokratie gedacht werden. In der Schweiz etwa wird für Ausgleich durch die Zauberformel seit den 50er Jahren gesorgt. Auch in Österreich haben über lange Zeiten Koalitionen aus den beiden großen Parteien regiert, so wie auch derzeit. In Deutschland kommt es meist über den Bundesrat zu einer faktischen Zusammenarbeit aller politischen Kräfte, da der Wähler auf Landesebene gerne für jene Partei stimmt, die im Bund in Opposition ist. Ohne sich dessen bewußt zu sein, kommt es so mehr oder weniger zu Konkordanz. Ob eine förmliche Einführung bei Wählern und Politikern Akzeptanz hätte, bleib aber bezweifelt werden.
Doch das Ausland kennt auch andere Beispiele. Dem folgend müßte eine Einbeziehung der Linken nicht immer gleich Koalition bedeuten. Was in anderen Demokratien völlig normal ist, wird einstweilen von der Presse geradezu als Staatskrise dargestellt. Warum darf eine Minderheitsregierung nicht mit wechselnden Mehrheiten regieren? Letztlich geht es bei Abstimmungen im Parlament immer um eine Mehrheit. Und welche auch immer das sein sollte, es handelt sich um eine Mehrheit der vom Volk gewählten Abgeordneten. Dagegen ist aus demokratischer Sicht nichts einzuwenden. Angesichts gegebener Mehrheitsverhältnisse sollte eine tolerierende Parteien auch nicht gleich die „beleidigte Leberwurst” markieren, wenn die Minderheitsregierung einmal etwas mit ihnen gemeinsam beschließt und anschließend etwas mit anderen Partnern durchsetzt, was mit ersterer nicht zu vereinbaren wäre. Schließlich geht es nicht darum, daß die Braut mit dem besten Freund des Bräutigams heimlich ausgeht!

Weltanschauung, Fakten und Wissenschaft

Kloty meldet sich erneut:

„aber Sie investieren so viel Zeit in Diskussion mit mir“

Solche Dispute gehören zu meinem Beruf, auch wenn ich nicht mit jedem Geld verdiene.

„dass ich nicht umhin komme Ihnen zu antworten.“

Wie ich an den Kommentaren sehe, scheint sich tatsächlich der eine oder andere dafür zu interessieren. Nichtsdestotrotz denke ich, daß sich dieser Mailwechsel nunmehr erschöpft. Dafür gibt es zwei Gründe:
Erstens fällt die letzte Antwort Klotys nach meiner Bewertung reichlich chaotisch aus, einem Studenten würde ich diesen Text zur Überarbeitung zurückgeben.
Zweitens finden sich darin zwei Behauptungen, die der Wahrheit nicht entsprechen und über die deshalb auch keine Diskussion möglich ist, die ich aber gleich eingangs erwähnen möchte.

„Den Historiker interessiert nicht die Nationalität der teilnehmenden Seiten, er reduziert/extrahiert das historische Ereignis auf Fakten und Faktoren“

Ich möchte an dieser Stelle kein Referat über Wissenschaftstheorie liefern. Was ist eigentlich Wissenschaft? Aber gewiß wurde bislang noch keine erfunden, in der es keine Dispute gäbe. Bezüglich des erwähnten Faches widerlegt die Behauptung Klotys bereits die Erinnerung an den Historikerstreit in den 80er Jahren.

„In der Verfassung der Sowjetunion gab es theoretisch die Möglichkeit, daß eine Republik austreten könne. Diese Möglichkeit hat ein EU-Staat nicht.“

Wie Kloty auf diese Weisheit kommt, ist mir schleierhaft. Da Frankreich und die Niederlande die EU-Verfassung in Referenden abgelehnt haben, gibt es keine. Der Vertrag von Lissabon ist noch nicht überall ratifiziert. Ob und wie ein Staat die EU verläßt, hängt also vor allem an nationalem Recht. Mir ist trotz verbreiteter EU-Ängste und –Phobien, die es in allen Mitgliedstaaten gibt, nicht bekannt, daß es eine Bewegung für einen Austritt in einem Mitgliedsland gäbe oder gegeben hätte. Aber wo bitte steht, daß der Austritt von Brüsseler Seite untersagt ist?

„Das was die Bundesrepublik Deutschland nach dem 2. Weltkrieg auf sich genommen hat und sich verantwortlich für die Verbrechen des Naziregimes erklärte, ist sehr lobenswert, doch leider auch recht einmalig in der Weltgeschichte. Welche Kolonialmacht hat den schon ihre ehemaligen Kolonien entschädigt, Großbritannien, Frankreich, Italien, Niederlande, Spanien, Portugal? Hat Deutschland die Opfer der Kolonialzeit in Namibia entschädigt? Hat USA ihre afro-amerikanische Bevölkerung für die Zeit der Sklaverei entschädigt?“

Die totale Niederlage im Zweiten Weltkrieg und die Beispiellosigkeit der Verbrechen des Nationalsozialismus ist sicher die Ursache, warum Deutschland in der Aufarbeitung der Vergangenheit ziemlich vorbildlich ist. Nichtsdestotrotz hat sich z. B. der neue australische Ministerpräsident Kevin Rudd jüngst bei den Aborigines entschuldigt.
Kloty beginnt an dieser Stelle faktisch mit einer Argumentation der Aufrechnung. Weil die USA wie auch die Kolonialmächte Böses verbrochen haben, ist das sowjetische Handeln nicht so schlimm? Warum folgt Rußland nicht dem guten deutschen Vorbild? Aber m.E. ist das Bewußtsein, welche Folgen das Handeln in früheren Jahrhunderten gezeitigt hat im Westen doch wenigstens vorhanden; sowohl für Minderheiten als auch für die Dritte Welt wird etwas getan, wobei ich keineswegs von Verhältnissen spreche, die ich für gerecht oder angemessen hielte. Die Russen aber sehen in den Balten nach wie vor Verschwörer. Während im Westen niemand ernsthaft leugnet, daß es in Kolonialreichen um Macht ging, haben die Sowjets vorgegeben, für die richtige Sache zu kämpfen.

„Eine illegitime Sowjetregierung und die estnische Regierung erkannten sich gegenseitig an, als erste Staaten überhaupt. Es stellen sich sofort mehrere Fragen: Kann es denn nicht sein, dass die legitime Regierung Russlands durch den Putsch der Bolschewisten von 1918-1991 ausser Kraft gesetzt worden war und deswegen nicht für die Taten der Sowjetunion (unter anderem Okkupation des Baltikums) verantwortlich gemacht werden kann? Wie wirksam ist die gegenseitige Anerkennung von zwei sonst von niemanden anerkannten Staaten?“

Ein Parforceritt durch das internationale Recht! Jetzt ist also plötzlich eine nicht mehr vorhandene illegitime Regierung Schuld! Nebenbei sei erneut betont, daß in den baltischen Ländern niemand gegenüber Einzelpersonen russischer Herkunft eine Rechnung aufmacht. Aber wie definiert sich nach Klotys Ansicht ein unabhängiger Staat? Durch eine demokratisch gewählt Regierung? Dann gäbe es erheblich weniger als 192 Staaten auf der Welt! Nordkorea, Nordzypern und Kosovo lassen grüßen. Von mir aus auch China, die Westsahara und Osttimor. Diplomatie und die Macht des Faktischen sind hier die wesentlichen Faktoren, weniger die Akzeptanz der Regierung in der eigenen Bevölkerung.

„wie Sie wissen, bestehen Gebietsansprüche Estlands an Russland gemäß dem Frieden von Tartu“

Und wie Sie wissen haben die Esten und Letten bereits in den 1995 paraphierten Grenzverträgen auf alle Ansprüche verzichtet. Einzig hat Rußland unter allen möglichen Vorwänden diese Texte ewig lange nicht ratifiziert.

„Wie gesagt, mir erschliesst sich bis jetzt nicht, was ein lettischer Denkmal, der zugegebenermassen sich mit der gleichen Thematik auseinandersetzt, mit den gewaltsamen Protesten der russisch-sprachigen Bevölkerung in Estland zu tun hat und den Polizei und Geheimdienstrepressionen als Antwort?“

Das habe ich in epischer Breite im ersten Text erklärt.

„Waren Sie in der letzten Zeit in USA? Sind Ihnen denn nicht die spanischen Unterschriften auf allen Schildern aufgefallen? USA haben sich hier der Realität gebeugt, dass viele Einwanderer nicht die Landessprache lernen, sondern weiterhin ihre Muttersprache sprechen. Und Sie wissen doch genauso gut wie ich, wie es um die Deutsch-Kenntnisse vieler gebliebener ehemaliger Gastarbeiter in Deutschland steht.“

Ich war überhaupt noch nie in den USA, nur in Kanada. Die Parallelgesellschaften habe ich aber bereits erwähnt. Kloty sollte nicht vergessen, daß die Russen im Baltikum mit Hinweis auf den Status des Schwedischen in Finnland Russisch als zweite Staatssprache anerkennt sehen wollen. Wenn wir schon bei einem Vergleich sind, dann hieße dies, daß alle Einwohner der USA Spanisch sprechen, die Latinos es als zweite Staatssprache verlangen, sich aber weigern, Englisch zu lernen. Während in Finnland das Leben ohne Finnisch anstrengend würde, wäre es in Irland nur mit Gälisch wohl noch schwieriger. In Finnland und Irland kommt man also nicht unbedingt durch, wenn man nur eine der offiziellen Staatssprachen beherrscht. In Estland kommt man aber mit der nicht offiziellen Staatssprache Russisch besser durch als mit der Staatssprache! Erstere spricht fast jeder, die Staatssprache aber nicht.

„Wenn ich diese Zeilen lese, kommt mir der Spruch von Ronald Reagan vom "Imperium des Bösen" in den Sinn (...) Ich denke die Geschichte über die Sowjetunion ist noch viel zu emotional besetzt, um wissenschaftlich verarbeitet zu werden (...) Erst die Generationen von Historikern nach uns werden die Frage beantworten können, ob alles an Herrschaftsmethoden der Sowjetunion schlecht war, oder einiges besser gelöst wurde, als in EU oder anderswo.“

Für was soll dies ein Argument sein? Die Staaten im Osten sind zusammengebrochen, nicht jene im Westen. Die Menschen wollten mehr Wohlstand und auch Freiheit. Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß heute viele mit dem Ergebnis eher weniger zufrieden sind. Bärbel Bohley sagte einmal, „wir wollten Gerechtigkeit und bekamen den Rechtsstaat“. Auch Kloty bezeichnet sich ja als links. Ich habe nichts gegen Idealismus und Ideale oder nennen wir es Werte. Doch während Marx den Zusammenbruch des Kapitalismus prophezeit hat, half Lenin mit Gewalt nach. Ich bin nicht der Ansicht, daß man mit Gewalt Gerechtigkeit durchsetzen kann.

„Sie schreiben doch gerne Briefe an Politiker.“

Nein. Ich habe nur bei Ulla Jelpke gegen die Erwähnung meines Buches protestiert, was zu einer ähnlichen Diskussion wie dieser führte.

„Zum Schluss noch ein Wort zu Ihren Phantasien bezüglich der Deportation der russisch-sprachigen Bevölkerung nach der Erlangung der Unabhängigkeit. Sie wissen genau mit was der letzte Versuch der Vertreibung in Europa, nämlich der der Kosovo-Albaner geendet hat. Hätten Sie gerne ein ähnliches Szenario im Baltikum gehabt? Glücklicherweise war selbst der am nationalistischsten denkende herrschende Politiker sich der Folgen bewusst, die solch eine Deportation angerichtet hätte. Die Nichtaufnahme in die EU wäre nur der geringste Schaden gewesen. Ich wäre mir nicht sicher, ob die Landkarte Estlands heute so aussehen würde, wie sie jetzt aussieht.“

Ja, eben. Da sind wir uns einmal völlig einig. Estland ist ein demokratisches Land, welches seine Bewohner nicht deportiert und interniert – im Gegenteil zur Sowjetunion.

Schließlich verstehe ich nicht, warum Kloty nicht solche Aspekte als Aufrechnung in seiner Argumentation anführt, die ganz allgemein umstritten sind – etwa die Rolle der USA im Irakkrieg?

Donnerstag, 6. März 2008

Cik labi klājas labklājībai

Šo rakstu publicēja Netkārīgā 2008.g. 7. martā.
Vācija skaitās labklājības valsts ne tikai latviešu priekšstatos par pusleiputriju, bet arī pašu vāciešu skatījumā. Vācijas Federatīvā Republika par tādu tiek uzskatīta arī politiski un zinātniski. Tai domāšanai arī nav šķērslis, ka pēdējos gados diskusijām par reformām no veselības aprūpes sistēmas līdz pensijas fondiem un attiecīgi realizētām maiņām.
Kamēr gadiem ilgi tiek diskutēts par labklājības valsts un arī citu Rietumeiropas valstu patiesajām spējām, pēdējos mēnešos tās ir skāruši vairāki nopietni triecieni. Hipotēku krīze ASV ietekmēja arī vācu bankas, un pēkšņi smagas problēmas radās, piemēram, West LB (Westdeutsche Landesbank Düsseldorf). Līdzīgas likviditātes problēmas piemeklēja arī Diseldorfā rezidējošo IKB banku. Šai bankai ne pirmo reizi rodas grūtības, tāpēc tā jau kādu laiku pieder KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) bankai. Visu šo banku kopīgā īpašība ir tāda, ka tās vairāk vai mazāk pieder valstij – federācijai vai arī federālajai zemei.
Lai banku problēmas negatīvi neietekmētu visu finanšu tirgu un līdz ar to arī ekonomiku, situācija ar nodokļu maksātāju naudu jāglābj valstij, kaut arī atbildība par nopietnajām problēmām būtu jāuzņemas banku vadībai, kas nodarbojās ar pārāk riskantiem ieguldījumiem. Kamēr vēl presē un politiķu aprindās turpinājās diskusijas par to, kā valstij labāk rīkoties, pēkšņi atklātībā nāca fakts, ka Vācijas Pasta valdes priekšsēdētājs Klaus Zumwinkel nav samaksājis nodokļos vienu miljonu eiro. Šo summu viņš glabāja kādā fondā Lihtenšteinā. K.Zumwinkel bija spiests uzreiz atkāpties no sava amata. Principā tas vēl būtu bijis tikai kārtējais skandāls, kas saistīts ar politisko un ekonomisko eliti, jo pasts Vācijā vēl nav pilnīgi privāts uzņēmums. Bet šoreiz skandāls notika citas diskusijas fonā. Mēnešiem ilgi caur vēlēšanu kampaņām Vācijā turpinājās strīds par minimālās algas ieviešanu starp lielā koalīcijā valdošajām Kristīgo demokrātu un Sociāldemokrātu partijām. Atšķirībā no Latvijas Vācijas likumos minimālā alga nav noteikta.
Pateicoties reformām, Vācijā pēdējos četros gados ir krietni samazinājies bezdarbnieku skaits, bet aizvien vairāk cilvēku strādā simboliskā darbā par, piemēram, vienu eiro mēnesī. Šāda sistēma ļauj cilvēkam, kurš faktiski dzīvo no valsts subsīdijām, kaut kur arī strādāt. Bet vēl ir augošs skaits iedzīvotāju, kuri pelna tik maz, ka izdzīvošanai arī viņiem jāpiesakās valsts subsīdijām. Cik šie cilvēki bieži ir vecāki, kas audzina bērnus viens, sekas pašiem bērniem ir preses uzmanības centrā. Daudzi dzīvo nabadzības stāvoklī, kas, protams, Vācijā nenozīmē badu, bet vecākiem, piemēram, nav naudas izklaidēm vai arī skolas ekskursijām. Minētās subsīdijas ir tieši labklājības valsts pabalsts. Bet, vai skandālu fonā tas var būt taisnīgi?
Debates par sociālo taisnīgumu sākās līdz ar algu pieaugumu vadītājiem zem jēdziena “izjusts taisnīguma trūkums” (gefühlte Gerechtigkeitslücke). Brīdī, kad viņi noved kādu uzņēmumu līdz bankrotam un simtiem darbiniekiem zaudē savu darba vietu, šie vadītāji tiek atlaisti, saņemot lielu atlīdzību par priekšlaicīgu darba attiecību pārtraukšanu. Šajā gadījumā nedrīkst aizmirst divus aspektus. Pirmkārt, akciju sabiedrības ir privātuzņēmumi, kuriem nevar ar likumiem noteikt, cik lielu algu maksāt vadītājiem un cik lielu kompensāciju maksāt, lai tikai ātrāk tiktu no viņiem vaļā. Otrkārt, rīkojoties citādāk, zaudējumi uzņēmumam, kā arī darbiniekiem varētu būt pat vēl lielāks.
Kamēr šī ekonomiskā elite pieprasa samazināt valsts iesaistīšanos ikdienas procesos, tā pēkšņi aicina valsti palīdzēt momentā, kas bažas ir par kādas bankas sabrukumu. Tauta dusmojas, ka valsts arī palīdz. Bet kādi ir argumenti? Minētas bankas nav Vācijas lielākās komercbankas, bet kredītiestādes, kuras ir valsts un krājkašu īpašumā. Tās tiek uzturētas ar noteiktu mērķi, lai atvieglotu maziem un vidējiem uzņēmumiem saņemt kredītus. Šis ir bizness, par kuru lielas bankas neinteresējas, jo ar to nevar daudz pelnīt. Patiesībā valsts ar šīm bankām pilda labklājības funkcijas, tādēļ to sabrukums nodokļu maksātājiem būtu drīzāk vēl dramatiskāks nekā palīdzība ar budžetu līdzekļiem.
K.Zumwinkel lieta un nodokļu nemaksāšana ir, protams, atšķirīga tēma. Vācijā privātā firmā vai arī valsts iestādē darba devējs, izmaksājot algu ierindas darbiniekiem uzreiz ietur nodokļus un pārskaita tos VIDam. Algas saņēmējs neko slēpt nevar. Savukārt vadītāji, cilvēki ar lieliem ienākumiem, bagātnieki var deklarēt savus ienākumus, deklarējot sevi pa nabagiem un summu, par kuru jāmaksā nodokļus, samazinot līdz pat gandrīz nullei (nerunājot, piemēram, par slavenā sportista Borisa Bekera “oficiālo” pārvākšanas uz Monako, kur viņš reāli nedzīvo).
Tas, ka šī sistēma valstij nav izdevīga, politiķiem sen ir skaidrs. Kristīgo demokrātu politiķis un Friedrich Merz 2003.gadā ierosināja vienkāršot nodokļu sistēmu ar metaforiku, ka jābūt iespējai ienākumu deklarāciju sarakstīt uz palikni. Viņš partijas iekšienē ar savām idejām nespēja pārvarēt Angelu Merkeli un no politikas aizgāja.
K.Zumwinkel rīcība ir piemērs tam, ka bagātības vairošana dažkārt jau kļūst par sporta veidu. Tas nepārprotami ir morāles jautājums it īpaši tāpēc, ka šie cilvēki pelna daudz vairāk, nekā parastie darbinieki, tādēļ viņiem nemaksāt nodokļus nemaz nebūtu nepieciešams, lai kļūtu par bagātniekiem. Ierindas cilvēks neredz jēgu ievērot likumus, ja ekonomikas un politikas elite nerāda piemēru. Schröder valdības finanšu ministrs Eichel 2004.gadā tāpēc ieviesa izmaiņas likumā, kas ikvienam ļauj sevi apsūdzēt par nodokļu nemaksāšanu, vienlaikus ļaujot izvairīties no soda par šo noziegumu. Citādi Vācijā kriminālkodekss paredz līdz pat desmit gadu cietumsodus par īpaši smagiem noziegumiem.
Šie jaunie triecieni atgādina arī “melnās partijas kases”, kuras izveidoja bijušais Vācijas kanclers Helmut Kohl. Lai gan šī nauda nebija domāta viņam personīgi, tā parādīja slavena politiķa nihilistisko nostāju pret likumu, kas attiecas uz ierindas iedzīvotājiem, bet ne uz pašu kancleru. Protams, šo lietu atklāja H.Kola ienaidnieki partijas iekšienē, sniedzot informāciju tikai pēc sakāves vēlēšanas 1998.gadā. H.Kols, pamatojoties uz zvērestu, atteicās nosaukt ziedotājus. Savukārt prokuratūra neizmantoja iespēju palielināt spiedienu sniegt liecību, draudot ar apcietināšanu, kas būtu bijis iespējams. Kad valsts iestādes uzlika partijai samaksāt sodu, kas noveda H.Kola Kristīgo demokrātu partiju gandrīz līdz bankrotam, H.Kols lūdza saviem “draugiem” ziedot partijai. Protams, visticamāk tie bija tie paši ziedotāji, kurus viņš neatklāja.
Salīdzinot ar šo gadījumu, kad valsts iestādes neizmantoja visas iespējas, acīmredzot ārzemju izlūkošanas dienests BND (Bundesnachrichtendienst) gadiem ilgi ar informētāju palīdzību izspiegoja Lihtenšteinas bankas un tagad samaksāja ap 4 vai 5 miljoniem eiro par CD-ROM ar informāciju par K.Zumwinkel. Kamēr Lihtenšteina uzskata šo gadījumu par zādzību, Vācijas iestādes argumentē, ka izlūkdienestam ir uzdevums vākt informāciju par naudas atmazgāšanu ārzemēs. Ja sakarā ar šo darbu atklājas citi noziegumi, tad valsts iestādei ir pienākums šo informāciju nodot atbildīgai iestādei. Protams, Lihtenšteina ar savu politiku ir nodokļu paradīze un nepalīdz izmeklēšanā. Ar to ir saskārusies arī Latvija.
Vācijā ierindas cilvēki vairs nesaprot, kas notiek valstī. Lai dabūtu atpakaļ sociālā tirgus ekonomikas, kā arī politisko uzticību, nepieciešams radikāli mainīt situāciju. Citādi vēlēšanās Vācijai draud protesta balsošana par kreisajiem un labējiem radikāļiem. Jau tagad bijusi Austrumvācijas komunistiskā partija PDS apvienojoties ar Rietumu komunistiskām, trockistiskām un citām grupām kreisajā spārnā ar nosaukumu “Kreisie” (Die Linke) iegūva gan Janvārī Hessen gan tikko Hamburg mandātus federālo zemju parlamentos. Rezultātā ierastas koalīcijas starp kristīgiem demokrātiem ar liberāļiem vai sociāldemokrātiem ar zaļajiem vairs nav iespējams.

Mittwoch, 5. März 2008

Unterschiedliche Sozialismen und ihr Einfluß auf unterschiedliche Transformationspfade

Hier die deutsche Version einer von mir auf lettisch publizierten Rezension:
Dieter Segert:
Postsozialismus. Hinterlassenschaften des Staatssozialismus und neue Kapitalismen in Europa
Braumüller 2007

Ein Buch über den Postsozialismus ist für den Leser in Lettland interessant, weil auch Lettland selbst zum postsozialistischen Raum zählt.

Der Autor
Obwohl in Österreich erschienen ist der Herausgeber des Bandes, Dieter Segert, ein Deutscher, der selbst im sozialistischen Teil des Landes, in der DDR, aufgewachsen ist und seine Karriere dort begonnen hat. Diese Herausgeberschaft macht den vorliegenden Band besonders interessant, denn Deutschland ist in Europa das einzige Land, dessen Bevölkerung auf beide in der Zeit des kalten Krieges einander feindselig gegenüberstehenden Blöcke verteilt gelebt hat, eine Geschichte, die zahlreiche Familien für vier Jahrzehnte voneinander weitgehend getrennt hat. Nunmehr ist Deutschland das einzige Land, in dem ein Teil der Bevölkerung den Sozialismus selbst miterlebt hat, der andere aber nicht, dem dafür das nunmehr „siegreiche“ Gesellschaftssystem immer vertraut war, welches im Ostteil des Landes vielfach auf Unverständnis stößt und sicher teilweise auch abgelehnt wird.
Herausgeber Dieter Segert mußte als Sozialwissenschaftler selbst den Umgang des Westens, dem der Osten nach Artikel 23 des Grundgesetzes „beitrat“, erfahren, was Ergebnis des Umganges der westlichen Elite mit allem aus dem Osten war, was den Schein des politisch Belasteten in sich trug – und dazu gehörten naturgemäß die Sozialwissenschaften – die es im modernen Sinne gar nicht gab. Und dazu zählt natürlich auch die Politikwissenschaft. Sozialwissenschaften wurden nach Segert im Sozialismus als Instrument der Herrschenden (214) betrachtet, während im Westen zumeist Kremlastrologie vorherrschte.
Für Dieter Segert galt wie für viele Kollegen aus den in Deutschland als „neuen Bundesländern“ (oder auch Neufünfland) bezeichneten Gebietes das gleiche, sie wurden so wie viele Erbschaften aus der DDR wie man in Deutschland selbst sagt „abgewickelt“. Konkret bedeutet dies, Dieter Segert konnte über Jahre hinweg als Politologe nicht in der Lehre, um Wissenschaftsbetrieb arbeiten, bis die Universität Wien in 2005 als Professor rief.

Postsozialismus
Lange war Gegenstand der Forschung und Publikation der Politikwissenschaft über den Postsozialismus von der Vermutung geprägt, der Osten werde zum Westen. Konkret die Transformationstheorie versuchte, die Wende im Osten Europas als Teil der von Samuel Huntington als dritten Welle der Demokratisierung bezeichneten Prozesse zu sehen, beinahe als gäbe es eine Kulturhegemonie der liberalen Demokratie in Europa, unter den Industriestaaten, auf der nördlichen Erdhalbkugel oder wie man es auch betrachten möge. Nur Przeworski wagte der allgemeinen Sichtweise bereits 1991 zu widersprechen. Nach seiner Idee drohte eher, daß der Osten (in Anlehnung an den Nord-Süd-Konflikt zwischen der Ersten und der Dritten Welt) zum Süden werde. Und einstweilen stellt sich sicher die Frage, ob der Osten in Deutschland und Europa nur einstweilen das Armenhaus ist oder aber mittelfristig der Mezzogiorno seiner Region bleibt. Über die grundlegenden Unterschiede der historischen Entwicklung im Osten Europas hat der Autor bereits vor fünf Jahren einen sehr interessanten Band vorgelegt[1].
Segert bringt damit seit Jahren einen neuen Ansatzpunkt in die Forschung zum Thema ein. Bereits 1995 erschien sein Sammelband zum Spätsozialismus,[2] zu verstehen als die Endphase vor dem Zusammenbruch des Systems. Kern dieses Ansatzes ist, daß nicht wie im Westen regelmäßig angenommen, den osteuropäischen Ländern der Sozialismus aufgedrängt worden war und sie jetzt eine bereits vorher begonnene und nur unterbrochene Entwicklung fortsetzen, sondern daß erstens der Weg in den Sozialismus ebenso zu untersuchen ist, also warum sich der Staatsozialismus nach 1945 von der Sowjetunion nach Westen ausdehnen konnte, wie eben auch die Modernisierung während des Sozialismus, denn wenigstens anfänglich verringerte sich der Abstand in der Entwicklung des Ostens zum Westen. Segert betont, daß die ein halbes Jahrhundert andauernde undemokratische Herrschaft bessere Ausgangschancen für Demokratie geschaffen habe, als jemals zuvor in Osteuropa gegeben waren und sieht die Ursache eben im Spätzosialismus. Dieser stellt sich nach Segert sehr verschieden dar, was der Grund für die Unterschiede in den betreffenden Staaten heute ist Der Übergang, so sagt er, habe nur eine Fassade hinweggefegt, hinter der informelle Strukturen bestanden, welche schnell zu formellen wurden (15). Segert widerspricht Przeworski und meint, der Osten weise gerade wegen seiner staatssozialistischen Vergangenheit deutliche Unterschiede zu den eigentlichen Entwicklungsländern auf (4).
Damit kommt er zu dem sicher zutreffenden Schluß, Transformation könne niemals einfach die Geburt etwas neuen und die Vernichtung des Alten sein (208), die „Tabula Rasa“-These, welche die Transformationstheorie großteils vertritt, sei falsch ist, weil eine Gesellschaftsordnung nicht ohne Spuren verschwinden könne, auch wenn anscheinend alles vollständig ausgewechselt wurde. Als Beispiel mag hier Estland gelten, daß unter der Parole „plats puhtaks“ tatsächlich 1992 einen Wahlsieg der zu den Kommunisten in Opposition stehenden Kräfte erlebte – damit aber natürlich in der Tat eine aus dem System entstandene Opposition an die Macht gelangte. Betrachtet man die Parteiensysteme der postsozialistischen Staaten, so haben Regime und Opposition aus dem Spätsozialismus als Gegenspieler mehr Spuren im den gegenwärtigen Strukturen hinterlassen als irgendwelche älteren Wurzeln, dabei wurden solche häufig nur geborgt, um die Verwicklung in die sozialistische Zeit zu verschleiern. In Lettland ist ein gutes Beispiel hierfür „Latvijas Zemnieku Savienība“, die an den politischen Erfolg der „Latviešu Zemnieku Savienība“ von Kārlis Ulmanis anzuknüpfen versucht. Die lettische Grammatik erlaubt hier im Gegenteil zum Deutschen die feine Unterscheidung zwischen der „Bauernunion Lettlands“ – die heutige Partei – und der „Union lettischer Bauern“, die whrend der Zwischenkriegszeit einflußreich war.
Die nachfolgenden Beiträge sind keine nach Ländern geordneten Prüfungen, ob die Thesen Segerts in den einzelnen Gesellschaften zutreffen, es handelt sich vielmehr um Erörterungen der für konkrete postsozialistische Gesellschaften charakteristischen Aspekte, die Teil der von Segert entwickelten Erklärungen sind – eben je nach Land verschieden, also eine Darstellung der informellen Strukturen, wie sie nach dem Wegfall der spätsozialistischen Fassaden übrig blieben, wie etwa im Falle Rumäniens die Korruption.

Baltikum
Die baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen sind eine Schnittmenge unter den postsozialistischen Staaten. Auf der einen Seite gehörten sie vor der Wende der Sowjetunion an und waren nicht einmal unabhängig, aber auf der anderen Seite gehören sie heute als einzige ehemalige Republiken dieses damals größten Staates der Erde der Europäischen Union und der NATO an. Der vorliegende Band behandelt die baltischen Republiken wie so viele andere Publikationen auch leider nur am Rande in den vergleichenden Beiträgen. Aber dafür gibt es einen ganz einfachen Grund: Es fehlt im Ausland an Experten, die der Sprachen der Länder mächtig wären und sich dort auskennten. Das ist ein Grund, warum auch in internationalen Publikationen häufig einheimische Autoren mitarbeiten, jedoch einstweilen viel zu selten, vor allem was das lettische Beispiel betrifft, weshalb in deutscher und englischer Sprache entschieden weniger Literatur über das Baltikum vorliegt, als über die anderen Staaten der Region.
Der Beitrag von Bohle und Greskovits über Neoliberalismus, Neo-Korporatismus und sozialistischen Hinterlassenschaften ist als einziger vergleichender Beitrag für den Leser in Lettland interessant, weil hier auch die baltischen Länder etwas ausführlicher betrachtet werden. Dabei werden zunächst zutreffende Feststellungen getroffen wie die grundlegende Deindustriealisierung. Politische Beschreibungen geraten schwieriger, wenn Litauen neben Slowenien als eines der wenigen Länder gesehen wird, in dem sozialistische Parteien mit korporatistischen Ideen auch an der Macht waren, wohingegen Lettland und Estland nur von Liberalen regiert worden seien. Hier erweist sich die fehlende Kenntnis im Detail einer zugegeben sehr unübersichtlichen Parteienlandschaft als große Hürde.
In Estland ist Siim Kallas als Funktionär aus sowjetischen Zeiten Gründer der wirtschaftsliberalen Reformpartei, die aber erst nach der radikalen Politik der Wirtschaftsreformen durch die früheren Gegner des Regimes gegründet worden war. Auch in Lettland läßt sich schon beginnend mit der Volksfront schwer behaupten, die politischen Kräfte teilten sich klar in frühere Regimegegner und Mitläufer. Die Autoren schließen des weiteren aus den Wahlergebnissen, die neoliberale Politik sei im Baltikum so beliebt wie der Korporatismus in Slowenien. Tatsächlich ist der Durchschnitt der Bevölkerung insbesondere in Lettland eher sozialdemokratisch eingestellt, doch der Begriff erstens nach der Unabhängigkeit verpönt gewesen und ein sozioökonomischer Konflikt durch den nationalen überdeckt worden.
Dieser Umstand gepaart mit der international sehr wohl bekannten hohen Zahl insbesondere russischer Einwohner in Estland und Lettland, denen teilweise überdies die Bürgerrechte verwehrt werden, macht beide Staaten zu regelmäßigen Angriffobjekten ausländischer Publikationen. Dabei fehlt es den Autoren auch hier an Detailwissen, weshalb die Staatsbürgerfrage in einem Satz abgehandelt wird, wo es lapidar heißt, es sei schwierig, in Estland und Lettland die Staatsbürgerschaft zu erhalten, womit die tatsächliche Problematik, wie sie anläßlich der Ausschreitungen in Tallinn im April manifest wurde, natürlich nicht erfaßt werden kann.
Darum wundert es auch nicht, wenn die Autoren wie auch Segert im Abschlußkapitel in den zu Sowjetzeiten immigrierten Bevölkerungsanteilen die Verlierer der Transformation sehen (193, 212). Ebenfalls problematisch ist die Einschätzung des wirtschaftlichen Potentials als Plattform für Rußland, dessen fehlende Nutzung Segert abschließend vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Voraussetzungen und unterschiedlichen Lösungsansätzen in den postsozialistischen Staaten zu dem Schluß kommen läßt, den baltischen Republiken verpaßte Chancen vorzuwerfen (208).
Segert stellt jedoch auch Behauptungen auf, denen es m.E. zu widersprechen gilt, etwa daß die Idee der Demokratie in Osteuropa nicht habe popularisiert werden müssen (211), denn ganz im Gegenteil mangelt es an demokratischem Bewußtsein bis heute wie etwa die Proteste gegen Homosexuellenparaden belegen, und Ostrovska („If the price for sovereignty (understood as a nation state), is democracy – let it be democracy.“[3]) hatte bereits in den 90er Jahren darauf hingewiesen, daß die Menschen bereit waren, alles zu akzeptieren, um nur die Unabhängigkeit zu erwirken. Öffentliche Diskussionen, wie in offenen demokratischen Gesellschaften üblich, finden vorwiegend in Internet-Chats und Kommentaren statt, wo sich die Autoren hinter Nicknamen verstecken. Das verwudnert wenig, denn die Texte sind inhaltlich oft unterhalb der Gürtellinie formuliert. Fragen, die eine viel größere Zahl an Einwohnern betreffen, wie etwa die Einführung der Berufsarmee und des Rauchverbots in Gaststätten, werden nicht diskutiert, Regierungsentscheide ohne Murren akzeptiert. Wo hingegen die Staatsmacht nicht allgegenwärtig ist, kann eine zunehmende Aggessivität beobachtet werden wie etwa im Straßenverkehr. Es scheint, als sei die Alltagseinstellung des einzelnen, daß ihm jeder irgendetwas schuldig ist und man sich darum eben auch einmal etwas herausnimmt.

Fazit
Aber Unzfriedenheit macht sich gerade in jüngster Zeit auch im sogenannten Westen breit, was sich in Vorwürfen gegen und Ablehnung der Politik ausdrückt. Damit gilt es in nächster Zukunft zu diskutieren, inwieweit der Osten ein Trendsetter ist, Entwicklungen vorweggereift, die der Westen anschließend nachholen werden. Als Hinweis darauf gilt das Auftreten von Phänomenen im Osten, die von der Transformationsforschung als defekte gesehen werden auch in westlichen Demokratien. Das Problem mit der Regierungsbildung in Belgien und der Erfolg der Schweizerischen Volkspartei 2007 dürfen als Beispiele gelten. Mit Sicherheit aber gibt es einen Unterschied zwischen Ost und West, den Segert selbst benennt: Daß Korruption eine Folge der alten informellen Netzwerke ist (209).
Manche Fragezeichen bleiben jedoch bestehen. Die Hinterlassenschaften des Spätsozialismus sind nicht einheitlich und zweitens so wie die älteren Hinterlassenschaften kein unabänderliches „Schicksal“, dabei bleibt gleichzeitig drittens die Einförmigkeit des Postsozialismus ein einstweilen noch ungeklärtes Phänomen, wie Unterschiedlichkeiten viertens auch im Kontext internationaler Einflüsse gesehen werden müßten. Aber Segert erklärt damit nicht, warum sich die baltischen Republiken trotz ähnlicher Ausgangsposition 1991 und einer seit 1795 weitgehend einheitlichen Geschichte in nur 16 Jahren Unabhängigkeit so unterschiedlich entwickelt haben, was Mattusch bereits 1996 just in einer der erwähnten Publikationen Segerts erwähnte.[4] Segert ist aber darin zuzustimmen, daß es ein Fehler des Zeitgeistes war zu vermuten, daß sich Demokratie automatisch aus einer Marktwirtschaft entwickele(216f.). Eigentlich hätte der Politikwissenschaft dieser Fehler nicht unterlaufen dürfen, gibt es doch genügend Länder auf der Welt, die kapitalistisch sind, aber eben nicht demokratisch. Hier bemüht nun Segert Tocqueville, der neben der politischen Gleichheit auch die Bedeutung einer gewissen sozialen Gleichheit betont hatte.
Trotzdem, Segerts Ansätze sind neu und werden in künftigen Publikationen sicher weiter thematisiert. 2008 wird ein Band über die Parteienentwicklung im Postsozialismus erscheinen, in dem der Autor dieser Rezension die baltischen Staaten behandelt.
[1] Segert, Dieter: Die Grenzen Osteuropas 1918, 1945, 1989-. Drei Versuche im Westen anzukommen, Frankfurt 2002
[2] Segert, Dieter (Hrsg.): Spätsozialismus und Parteienbildung in Osteuropa nach 1989, Berlin 1996
[3] Ostrovska, Ilze: Nationalism and democracy: The choice without choice; in: Latvijas Universitātes Filozofijas un Socioloģijas institūts, Riga 2000, S.156
[4] Mattusch, Katrin: Vielfalt trotz ähnlicher Geschichte Die drei baltischen Staaten und ihre unterschiedlichen Parteiensysteme; in: Segert, Dieter (Hrsg.): Spätsozialismus und Parteienbildung in Osteuropa nach 1989, S.93-118, Berlin 1996

Kā kārtot politiku Latvijā

Sekojošais fragments tika publicēts Dienā kā vēstule 2008.g. 5. februārī.
Jaunā Laika iersoinājumi
Jaunais laiks ierosina vēlēšanu lokomotīvju ierobežošanu. Šī ideja balstās uz novērojumu, ka vēlētāji balso par sarakstu tikai populāru cilvēku dēļ. Latvijā atšķirībā no citām valstīm viens un tas pats kandidāts var būt sarakstā vairākos vēlēšanu apgabalos, bet, protams, var tikt ievēlēts tikai vienā, kurā viņš saņēmis vislabāko rezultātu. Tātad citos apgabalos veltīgi balso par to kandidātu, ievelkot Saeimā pilnīgi citus cilvēkus.
Taču, ja populārs kandidāts partijas ir sarakstā tikai vienā apgabalā, tad citu apgabalu vēlētājiem ir liegts balsot par to, par ko vēlas. Protams, Latvijā gan atšķirībā no citām valstīm ir vēl viena iespēja — balsot jebkur, proti, doties uz attiecīgu vēlēšanu apgabalu.
Vai lokomotīvju ierobežošana rezultātu tiešām maina?
Vēlētājam ir vienalga, kurā apgabalā tiek ievēlēts viņam ideālais kandidāts. Balsojot par viņu, ir jābalso par viņa partijas sarakstu, līdz ar to arī par citiem kandidātiem, jo ievēlēti tiek tikai tie kandidāti, kuru saraksts spēj pārvarēt 5% barjeru. Taču tad ne tikai šis kandidāts ieņems vietu Saeimā. Tātad jebkurā gadījumā populārais kandidāts ir lokomotīve savai partijai.
Tanī pašā laikā, ja populārs kandidāts nekandidē noteiktā vēlētāja vēlēšanu apgabalā, tad tāpat vēlētājam ir jābalso par populāra kandidāta sarakstu ar citiem kandidātiem priekšgalā, lai tā partija pārvarētu 5% barjeru. Pretējā gadījumā arī populārais kandidāts netiktu ievēlēts.
Vienīgā atšķirība starp tagadējo kārtību, kad lokomotīves kandidē vairākos apgabalos, ir tā, ka esošā sistēmā vēlētājs neeuzzina, ja speciāli neinteresējas, kurā no apgabaliem kandidāts ir ievēlēts.
Proti, šis jautājums ir maznozīmīgs. Taču, lai nokārtotu politiku Latvijā, varētu atteikties no ierosinājumiem par tieši vēlēto prezidentu vai vēlēšanu sistēmas maiņu un atsaucamiem deputātiem. Kāpēc nevarētu ierosināt praktiskas reformas, kas mainītu partiju konkurences situāciju?
1. Mazajā Igaunijā, lai nodibinātu partiju, nepieciešami 1000 biedri. Latvijā tikai 200 un vēlāk vismaz 150. Citas prasības spiestu partijas apvienoties drīzāk, nekā pēc katra iekšēja strīda, kas demokrātijā un arī partijās ir pilnīgi normāli, šķelties.
2. Latvija Eiropā ir vienīgā valsts bez partiju finansēšanas no budžeta. Daudziem varbūt liekas, ka tas būtu tas trakākais — partijām dot vēl nodokļu maksātāju naudu. Bet šis solis kopā ar kampaņas tēriņu griestiem liktu partijām citādāk organizēt darbu un mazinātu atkarību no oligarhiem.

Estland im Spiegel von Weltanschauung

Die Diskussion mit Kloty setzt sich fort und ers stimmt mir nunmer zu:

„langsam bewegt sich die Diskussion in Richtung verschiedene Weltanschauungen, deswegen ist es whl wirklich besser, sie aus dem Estland-Forum zu nehmen.“

Aber das sagte ich ja bereits. Allerdings muß ich dieses Mal das Pferd von hinten aufzäumen, denn Klotys Schlußbemerkung halte ich für die aufschlußreichste Stellungnahme:

„Mein Traum von Estland ist ein Neuanfang, ohne Schatten der Geschichte. Überlasst die Geschichte Historikern und nicht Politikern, auch nicht Politikern, die sich als Historiker begreifen. Schaut nach vorne und nicht zurück. In Deutschland hat es nach 1945 mehr oder weniger geklappt, warum nicht auch in Estland?“

Ein Neuanfang? Das ist weniger ein politikwissenschaftliches Thema als vielmehr ein psychologisches. Niemand trifft Entscheidungen ohne den Ballast der vorherigen eigenen Lebenserfahrung, wie auch kollektiver Werte und Einstellungen, die historisch entstanden sind. Als in den USA der Bürgerkrieg unter anderem wegen der Haltung zur Sklaverei entbrannte, wurde in Rußland gerade erst die Leibeigenschaft aufgehoben etc. Der Politikwissenschaftler spricht hier von der „politischen Kultur“ (Almond / Verba 1963) einer Gesellschaft.
Und Kloty meint, dies sei in Deutschland gelungen. Hitler und der Zweite Weltkrieg haben also die Diskussion um den Kosovoeinsatz 1999 in Deutschland nicht beeinflußt? Im Westen Deutschlands gilt der Osten gerade bei jungen Leuten nach wie vor als „Dunkeldeutschland“, Zentrum von Umweltverschmutzung und Rechtsradikalismus. Die ostdeutschen Universitäten, die mit dem demographischen Trend kämpfen, werben jetzt um Studenten aus dem Westen die nicht kommen wollen. Im spanischen Wahlkampf werden derzeit die Wunden aus dem Bürgerkrieg wieder aufgerissen, und das ist 70 Jahre her. Aber weshalb so weit schauen? Warum war für die Russen dann das Denkmal in Problem? Also die Esten sollen neu anfangen und die Russen weitermachen wie bisher?
Sollen die Leute jetzt kollektiv vergessen oder vergeben? Kloty hat ein merkwürdiges Geschichtsverständnis. Das antike Griechenland wird auch heute noch regelmäßig erwähnt. Ich sehe darum nicht, wofür Folgendes ein Argument sein soll:

„Nennen Sie mir ein Artikel, der über die russisch-spachige Minderheit geht und in dem das Wort April nicht vorkommt. Es ist jetzt 3/4 Jahr her, aber immer noch wird darauf verwiesen. Wie oft wird auf die 1. Mai Krawalle verwiesen? Apriler Ereignisse waren ein einschneidendes Augenblick in Geschichte Estlands, deren Bedeutung nicht runtergespielt werden kann.“

Was ich aber überhaupt nicht verstehe ist:

„Leider kenne ich Ihre früheren Artikel zum Thema nicht. Könnten Sie Ihre Begründungen, warum die Proteste hätte nicht vermieden werden können nochmal zusammenfassen? Es ist keine Frage, das Denkmal ist ein Politikum, nur warum es nicht anders hätte gelöst werden können, ist mir nicht klar.“

Sehr interessante Feststellung. Diese Diskussion begann mit Klotys Kommentar auf den betreffenden Beitrag. Hat er nur im Kommentareditor seine Meinung geäußert, ohne den Text gelesen zu haben?

„Nun, da ich nicht in Estand lebe, bin ich von z.B. der Sprachkommission nicht unmittelbar betroffen. Ich bezeichne Estland als meine Heimat und nicht nur als Geburtsort, weil ich mich mit Estland auseinandersetze, auf meinem Blog und jetzt gerade in Diskussion mit Ihnen. Mir würde auch nie im Leben einfallen Deutschland oder Russland als meine Heimat zu bezeichnen, genau wie der Mehrheit der in Estland geborenen russisch-sprachigen.“

Über die Definition eines Begriffes wie Heimat läßt sich gerade als Deutscher trefflich diskutieren. Der Geburtsort hingegen dürfte meistens eindeutig sein. Kloty bezeichnet ausdrücklich Deutschland und Rußland nicht als seine Heimat, dafür aber Estland. Andererseits habe er mit Estland nach eigenen Angaben außer Verwandtenbesuchen nicht viel zu tun. Mit was identifiziert er sich dann? Bereits früher schrieb er:

„Das Land Estland steht dem estnischen Volk nicht der exklusiven Nutzung zur Verfuegung.“

Estland heißt demnach also für die Esten nur insofern Heimat, als sie dort leben dürfen. Kloty ist auch dort geboren und spricht, inzwischen in Deutschland lebend Deutsch und wohl auch Russisch, kennt also zwei Kulturen. Estland hingegen kennt er, Rückschlüsse aus seinen bisherigen Angaben folgend, nur aus der Kindheit und aus Erzählungen. Daß er die estnische Befindlichkeit im Zusammenhang mit dem Bronzesoldaten bisher nicht wohlwollend kommentiert hat, zeugt von einem interessanten Verständnis und Kenntnissen der Nation, die in jenem Land namensgebend ist, das er als seine Heimat bezeichnet. Klotys Heimatbegriff scheint doch sehr auf Geburtsort fixiert zu sein. Warum hat er keine anderen Affinitäten zur Heimat? Warum hat er sie verlassen? Ich lebe im Gegenteil zu Kloty sehr wohl im Baltikum und habe angesichts meiner Herkunft heute einen deutlich breiteren Heimatbegriff.
Und damit sind wir bei der Diskussion von Völkern und Ländern:

„Jetzt gleiten wir in die wunderbare Welt der Weltanschauungen ab. Die obere Frage wird Ihnen jedes Einwanderungsland beantworten. Ja, USA, Australien, Neuseeland ua möchten alle Einwanderer verrühren und eine neue Nation erschaffen, die möglichst nicht auf Blutverwandschaft basiert. Mit Sowjetdenken hat es nichts zu tun, auch wenn es für mich keine Beschimpfung ist, so wie Sie es verwenden. Ist Estland ein Einwanderungsland mit 30% Nichtesten? Ist Deutschland ein Einwanderungsland mit 5% Nichtdeutschen?“

In Deutschland leben mehr Ausländer! Die Diskussion des Begriffes Einwanderungsland sollte wenigstens zwei Aspekte umfassen, nämlich inwiefern es die offizielle Politik des Landes ist oder sich aus historischen Gründen ergeben hat. Alle reichen Staaten sind Ziel von Armutsflüchtlingen. Die nationale Zusammensetzung in Deutschland sowie den USA, Australien oder Neuseeland hat etwas mit der Politik dieser Staaten zu tun, die mal offener und mal reservierter gegenüber Einwanderung ist und war. Insofern sind Einwanderer in allen genannten Ländern freiwillig gekommen und es ist für sie wichtig, im Interesse des beruflichen Fortkommens, die Landessprache zu erlernen, was von diesen Ländern sowohl erwartet als auch unterstützt wird. Das kann man als Assimilierung bezeichnen, aber es ist eben keine Politik des Umrührens, welche die Herausbildung eines neuen Menschenbildes zur Folge haben soll.
Und in allen diesen Punkten unterschied sich die Sowjetunion. Die Esten wurden durch eine völkerrechtswidrige Okkupation Teil der Sowjetunion und die Minderheiten wurden ihnen im großen Umfang aufgezwungen. Diese Menschen haben die neue „Heimat“ so weit als ihre Heimat betrachtet, daß sie sich für das ansässige Volk nicht interessiert haben. Die meisten von ihnen haben die Sprache, wenn überhaupt, erst auf Druck nach der Unabhängigkeit zu lernen begonnen. Vorher wurde Lettisch auch gerne mal als Hundesprache bezeichnet. Wie oft schon hat sich der Autor dieser Zeilen den Ausdruck der Verwunderung angehört, Estnisch und Lettisch in kurzer Zeit gelernt zu haben, was die Russen in 50 Jahren nicht geschafft haben – gewollt haben, wäre die bessere Formulierung. Und um Kloty als Beispiel für Heimat, Einwanderung und Integration anzunehmen, er spricht ja auch Deutsch, die Sprache des Landes, in welches er eingewandert ist, aber spricht er auch Estnisch, die Sprache des Landes, welches er als seine Heimat bezeichnet?
Die Hegemonie der Russischen in der Sowjetunion kommentiert Kloty so:

„Englisch ist die Verkehrssprache der EU und unabdingbare Voraussetzung für jeden, der etwas werden will. Und jetzt?“

Wofür ist das Englische hier ein Argument? Die Diplomatensprache war einst einmal Französisch. In der EU haben sich mittlerweile 27 Nationen freiwillig und demokratisch zusammengeschlossen. Die SU hingegen war eine Diktatur und faktisch ein Kolonialreich, die sich ihre Gebiete mit Gewalt einverleibt hat und um diese einen eisernen Vorhang zog.
Die Unfähigkeit der Russen, und das gilt eben auch für die zweite und dritte bereits in den baltischen Staaten geborenen Generationen, nach Jahrzehnten die Landessprachen zu beherrschen subsumiert Kloty wie folgt:

„Tut mir leid für Sie. Höfflichkeit in den Ostblockländern war recht rar, hat sich hoffentlich gebessert.“

Da muß ich Kloty enttäuschen, nachhaltig hat es nicht geändert. Noch heute arbeiten in russischen Firmen fast nur Russen, die oftmals aller entsprechenden Gesetzgebung und Sprachkommissionen zum Trotz sehr schlecht die Landessprache können und in dieser auch betont ungehalten bedienen. Ich wiederhole an dieser Stelle noch einmal, ohne daß es von baltischer Seite Ausschreitungen etwa vor Lukoil Tankstellen gäbe! Interessanterweise trifft diese Beobachtung besonders auf junge Leute zu. Die Randalierer von Tallinn waren auch keine Veteranen sondern betrunkene Jugendliche, die vermutlich nicht einmal wußten, was das von ihnen skandierte Wort „Faschist“ eigentlich bedeutet.

„Stoert es Sie denn als Deutscher, dass Deutschland einen groesseren Teil der 800 Jahre Unterdrückung Estlands nicht anerkennt?“

Ich leugne die Unterdrückung nicht und berichte gegenüber Ausländern aus Deutschland darüber ausführlich. Die Russen aber protestieren regelmäßig, wenn von Okkupation die Rede ist.

„Richtig, siehe April letzen Jahres, Estland.“

So stimmt Kloty meinem Kommentar zu, daß gerade die Unterschiedlichkeit die Welt interessant macht und Einschränkungen immer wieder zu Konflikten führt.
Das Tragische ist bloß, daß die Russen, und dem schließt sich Kloty an, für sich alles in Anspruch nehmen, bislang aber nicht anerkannt haben, daß zunächst einmal die SU die Esten unterdrückt hat. Darum wäre es ein Neuanfang gewesen, wenn nach der Unabhängigkeit Estlands genau dies nachgeholt worden wäre. Die Esten haben die Geste gemacht, als demokratisches Land die Okkupanten – ich verwende an dieser Stelle einmal dieses Unwort – nicht aus dem Land zu jagen. Jede russische Oma kann bleiben, auch ohne ein Wort Estnisch zu können. Sie kommt überall auf Russisch zurecht, denn die Esten, Letten und Litauer sprechen diese Sprache. Den Esten Faschismus vorzuwerfen, ist ausgesprochen unfair. Übrigens wissen die meisten Russen sehr wohl, daß es ihnen in einem EU-Staat besser geht als in ihrem Mutterstaat. Obwohl Lettland sogar Ausreisewillige finanziell unterstützt, geht fast niemand.
Und es sei noch einmal erwähnt, so viel auch über Parallelgesellschaften gesprochen werden kann, im Alltag gibt es keine Probleme. Am ehesten noch erschwert den Russen, die Landessprache zu erlernen, der Umstand, daß größere Gesellschaften von Nicht-Russen sofort auf Russisch umstellen, wenn ein Russe hinzustößt. In Lettland gibt es jetzt eine Werbekampagne: Lette, sprich mit mir Lettisch! - (Latvieti, runā ar mani latviski!)