Donnerstag, 29. April 2010

Lettland bekommt (wieder einmal) eine neue Regierung

Aktualisierung Ende April: Inzwischen wurde der Diplomat Aivars Ronis als neuer Außenminister mit 90 von 100 Stimmen bestätigt. Die anderen vakanten Ministerposten blieben unbesetzt. Ronis, der Botschafter in den USA und bei der NATO war, sah eine breite Unterstützung im Parlament als Voraussetzung an, die Außenpolitik zu führen. Da die Fraktionen der Saeima die Minderheitsregierung Dombrovskis nach wie vor nicht gestürzt haben und für die Unterstützung eines neuen Außenministers bereit waren, dürfte sich die Hängepartie des Kabinetts wohl bis zu den Wahlen Anfang Oktober fortsetzen.
Aktualisierung: Gestern konnten einige Abstimmungen im Parlament von der Regierung nur Dank der Zustimmung der pro-russischen Fraktion Für die Rechte des Menschen in einem integrierten Lettland gewonnen werden. Das betraf unter anderem die Bezetzung von Positionen in Ausschüssen.
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Die Volkspartei hat ihre Minister aus dem Koalitionskabinett Dombrovskis zurückgezogen. Der Ministerpräsident muß nun überlegen, mit welchen Politikern er die vakanten Positionen besetzt und ob diese von den Parteien seiner nun in der Minderheit befindlichen Regierung gestellt werden oder ob nicht vielleicht doch mit der Ersten Partei / Lettlands Weg eine Oppositionsfraktion die Seiten wechselt.

Wann eine neue Regierung beginnt und die vorherige ersetzt, ist auch in der Politikwissenschaft umstritten. Schon der Austausch eines Ministers verändert schließlich die Zusammensetzung des Kabinetts, würde aber sehr häufige Wechsel indizieren. Sicher gibt es hingegen eine neue Regierung, wenn ihr Chef ausgewechselt wird. Ein Ministerwechsel aufgrund einer Änderung der Koalitionspartnerschaft ist ebenfalls einschneidender.

Eine weitere Diskussion betrifft die Frage, ob eine Regierung in parlamentarischen Systemen generell mit einer Parlamentswahl endet. In Schweden etwa ist nach einem Urnengang eine Vertrauensabstimmung nicht nötig, die Regierung muß durch das neugewählte Parlament also aktiv gestürzt werden, wenn das Kabinett nicht sowieso zurücktritt. Während in Deutschland also fraglich ist, ob 16 Jahre christlich-liberale Koalition unter Helmut Kohl nun eine oder mehrere Regierungen sind, ist dieser Aspekt im Fall Lettland weniger bedeutend. 2006 hätten die Koalitionäre zwar weitermachen können, doch die Stimmenmehrheit war dem damaligen Regierungschef zu knapp.

Die Parteien in der derzeitigen Saeima haben folgende Fraktionsstärken: Neue Zeit 15, Bauern und Grüne 17, Bürgerliche Union 7 sowie Für Vaterland und Freiheit 5. Das sind die verbliebenden Regierungsparteien zu denen noch die 3 Angeordneten der Gesellschaft für eine andere Politik zu zählen sind, die mit Neuer Zeit und Bürgerlicher Union die Listengemeinschaft Einheit für die bevorstehenden Wahlen aus der Taufe gehoben hat und damit auch ohne Minister den Regierungsfraktionen zuzurechnen ist. Die haben damit insgesamt 47 Mandate.

Würde die vor gut einem Jahr nicht bei der Regierungsbildung berücksischigte Erste Partei / Lettlands Weg in die Regierung wechseln, kämen 10 Abgeordnete hinzu und die Mahrheit wäre erreicht.

Der langjährige Verkehrsminister, Ainārs Šlesers, läßt sich derzeit jedoch bitten. Wie das oppositionelle Harmoniezentrum betont man, in für den Staat bedeutenden Fragen mit der Regierung zu stimmen und erinnert daran, daß schon bisher die Fraktion auf der Seite der Regierung gestanden habe. Das stimmt sogar. Erst vor wenigen Wochen hatten die Stimmen dieser Partei Dombrovskis’ drohende Abstimmungsniederlage in der Frage der Verhandlungen mit dem Internationalen Währungsfond verhindert, wo sich der Koalitionspartner Volkspartei quer gestellt hatte.

Und genau hier setzte diese Partei nun erneut an. Unter Federführung von Andris Šķēle verlangte die Partei sozusagen einen separaten Koaltionsvertrag mit dem Ministerpräsidenten und legte konkrete Vorschläge für die Wirtschaftspolitik vor. Daß Dombrovskis dem Dokument seine Unterschrift verweigerte, wird offiziell als Grund für die Regierungskrise angegeben.

Das alles hindert jedoch die Volkspartei und die Erste Partei / Lettlands Weg nicht am Flirt. Mehrfach wurde über eine Zusammenarbeit bei der Parlamentswahl im Herbst spekuliert. Dem Vorwahlstreß sind denn auch diese Manöver von Volkspartei und Šlesers in Wahrheit geschuldet. Die Politiker, welche in den letzten Monaten das letzte bißchen Vertrauen der Bevölkerung verloren haben, müssen sich als staatstragend präsentieren. Wichtig ist außerdem, für keinen politischen Gegner die Kartoffeln aus dem Feuer holen zu müssen. Da nach wie vor die Popularität des Ministerpräsidenten überraschend hoch ist, steht die größere Volkspartei in der Regierung befindlich in dessen Schatten. Šlesers geht es einstweilen sehr gut als stellvertretender Bürgermeister von Riga, der darauf spekuliert, im Herbst auch auf nationalerr Ebene mit dem Harmoniezentrum zusammenzuarbeiten.

Während Kulturminister Ints Dālderis die Volkdspartei verlassen hat und im Amt bleibt, haben sich ähnliche Hoffnungen im Falle von Außenminister Māris Riekstiņš allerdings zerschlagen. Damit droht Dombrovskis Ungemach auch im eigenen Lager. Artis Pabriks, einer der führenden Köpfe der Gesellschaft für eine andere Politik, drängt ins Außenministerium zurück, das er im Konflikt mit seiner früheren politischen Heimat, der Volkspartei, hatte verlassen müssen. Doch seine Chancen hängen zweifelsohne mit der Frage einer möglichen Erweiterung der Koalition zusammen.

Vor diesem Hintergrund ist es bezeichnend, daß die Parteien der Einheit im derzeitigen Parlament keine Fraktionsgemeinschaft eingehen wollen.

Derweil hat die frühere Chefredakteurin der Zeitung Diena, Sarmīte Ēlerte, wie angekündigt endlich ihren politischen Verein gegründet, die Meierovics Gesellschaft. Zigfrīds Meierovics war ein westlich orientierter Politiker, der nach der Unabhängigkeit Außenminister war, jedoch 1925 bei einem Autounfall ums Leben gekommen war. Ēlertes politische Freunde spekulieren auf eine Kandidatur auf der Einheitsliste.

Umfragen zur Folge kämen derweil nur drei Parteien ins Parlament, die Einheit, das Harmoniezentrum und die Union der Bauern und Grünen. Bei einer geringen Wahlbeteiligung würden andere Parteien wohl auch die 5%-Hürde überwinden. Damit ist nur das eine sicher, daß nichts sicher ist. Der Regierungschef könnte sehr wohl auch nach den Wahlen im Oktober wieder Dombrovskis heißen. Kämen tatsächlich nur die genannten drei Parteien ins Parlament, stünde dies sogar außer Frage. Volkspartei und Erste Partei / Lettlands Weg könnten gemeinsam oder getrennt eine solche Merheitsfindung verhindern, wenn etwa Für Vaterland und Freiheit nicht ins Parlament käme, was alles andere als unwahrscheinlich ist. Däs die Erste Partei / Lettlands Weg alleine mit dem Harmoniezentrum regieren könnte, ist hingegen sehr wohl eher unwahrscheinlich.

Solche Spekulationen machen zumdest eines so gut wie sicher, im Oktober bekommt Lettland schon wieder eine neue Regierung. War die jetzt gescheiterte Koalition unter Dombrovskis bereits die 15. Regierung seit 1990, so wird jene dann nach der Minderheitsregierung oder auch einer neuen Koalition mindestens die 17. sein. Aber es steht auch nicht fest, ob Dombrovskis in den verbleibenden Monaten nicht doch noch gestürzt wird. Aber das ist ebenfalls eher unwahrscheinlich, weil sich keine politische Kraft und kein Politiker damit im Rennen um die Wählerstimmen einen Dienst erwiese.

Donnerstag, 22. April 2010

AŠ hoch zwei

Was da aussieht wie eine mißglückte Variable ist der jüngste politische Scherz des in Lettland bekannten Werbefachmanns Ēriks Stendzenieks. Er war es, der im Herbst 2009 den gefaketen Krater der Mobilfunkfirma Tele2 als genial bezeichnet hatte. Also nicht Mathe, sondern Sowi?

Seit einiger Zeit spekuliert die Presse in Lettland darüber, daß Volkspartei und Lettlands Erste Partei / Lettlands Weg sich die Hände reichen könnten. Über die Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit einer solchen Allianz zu streiten ist müßig. Inhaltich ließe sich sowas in Lettland meist weniger rechtfertigen, als strategisch. Schon die Partnerschaft von Erster Partei und Lettlands Weg ist gemeinsamen Werten nicht geschuldet, sondern einer vergleichbaren Stärke. Und das ist nunmehr erneut so. Gegen eine solche Partnerschaft sprechen eigentlich nur die Grauen Eminenzen dieser beiden Parteien, Ainārs Šlesers und Andris Šķēle, die als zwei der drei wichtigsten Oligarchen Lettlands gelten. Beiden droht im Herbst das Damoklesschwert der 5%-Hürde. Und da finden sich dann Gemeinsamkeiten neben dieser Gefahr – Stendzenieks fiel auf, daß beide die gleichen Initialen haben. Darum AŠ zum Quadrat.

Ainārs Šlesers hat sogar erklärt, seine Vicebürgermeisterstelle in Riga aufzugeben und im herbst zu kandidieren. Einstweilen müssen AŠ und AŠ aber ihre Parteimitglieder vom Schulturschluß überzeugen.

Schwierig wird möglicherweise, daß die Erste Partei / Lettlands Weg nach dem Ausscheiden der Volkspartei aus der Regierung verkündet hat, das Minderheitskabinett von Valdis Dombrovskis zu unterstützen. Aus der Fraktion der Volkspartei schied wiederum Jānis Lagdzdiņš aus, der 2007 durch seine Geste am Fenster des Abgeordnetenhauses nach der Wahl von Valdis Zatlers zum Präsidenten Bekanntheit erlangte. Die Frage der Haltung zur Regierung ist hochaktuell, weil der Ministerpräsident einstweilen keine Mehrheiten gefunden hat, die bei der Besetzung der vakanten Posten auf der Regierungsbank zu “helfen” bereit sind.

Lettland hat wieder einmal ein Thema

Lettland kommt ein halbes Jahr vor der Parlamentswahl politisch nicht zur Ruhe. Da wurde oft erklärt – auch vom Autor dieser Zeilen – es gäbe zu wenig öffentliche Diskussionen im Lande. Davon kann derzeit die Rede nicht sein. Allerdings geht es freilich wieder einmal nicht om policy, also politische Inhalte, sondern um das Personalkarussell.

Stein des Anstoßes ist die Wiederwahl des Generalstaatsanwaltes Jānis Maizītis, dessen zweite Amtszeit agläuft. Nachdem hinter den Kulissen Einigkeit zu herrschen schien, diese Kandidatur im Parlament zu unterstützen, lehnten die Abgeordneten zu ihrer eigenen Überraschung den Vorschlag des Präsidenten des Obersten Gerichtes, Ivars Bičkovičs, ab.

Jetzt ist die Aufregung groß. Ex-Präsidentin Vaira Vīķe-Freiberga startete gemeinsam mit ihrem Amtsvorgänger Guntis Ulmanis eine Internet-Petition, nach der Maizītis einfach neuerlich vorgeschlagen werden, im Plenum aber nicht geheim abgestimmt werden soll. Diese wurde von vielen hundert Bürgern, darunter zahlreiche gesellschaftlich bekannte Persönlichkeiten unterschrieben.

Das ruft die Kritiker auf den Plan. Viele sind zunächst einmal der Meinung, es dürfe nicht sein, daß solche Änderungen in der Geschäftsordnung des Parlament für die Fälle konkreter Personen dann auf ein konkretes Amt bezögen würden. In der Frage der Wahl von Amtspersonen durch die Abgeordneten müßteb grundsätzliche Beschlüsse gefaßt werden, die dann für alle Wahlen gelten. Einige Kommentatoren merken an, daß die offene Wahl für Ämter der Exekutive eher akzeptabel sei als bei Positionen in der Judikative – was auf den Fall des Generalstaatsanwaltes zutreffen würde.

Die Professorin für Politikwissenschaft der Rigaer Stradiņš-Universität, Ilga Kreituse, kritisiert, daß die Petition von früheren Amtspersonen angeregt worden sei, die selbst “nur” vom Parlament gewählt worden waren und wohl in direkter Volkswahl kaum je zum damaligen Zeitpunkt ins Amt gekommen wären. Das gilt auch für den Präsidenten des Gerichtes, dem das Vorschlagsrecht zusteht. Dieser hatte erst vor einigen Monaten eine Affäre über Zweifel an der rechtmäßigkeit seiner Staatsangehörigkeit durchzustehen.

Kreituse versteht ebenfalls nicht, warum öffentlich der Eindruck erweckt werde, als gäbe es keine anderen potentiellen Kandidaten. Maizītis sei gewiß kein Engel und in habe sie in den Untersuchungen gegen den Bürgermeister von Ventspils, Aivars Lembergs, enttäuscht.

Der ehemalige Präsident des Verfassungsgerichts, Aivars Endziņš, fügt hinzu, daß eine geheime Wahl in einem Land mit normal funktionierender Demokratie kein Problem sei. In Lettland aber werde alles politisiert. Dem ist nichts hinzuzufügen. Das Ergebnis ist einstweilen offen.

Mittwoch, 21. April 2010

Thema verfehlt (aktualisiert)

Texte über Estland und Lettland pflege ich auch in die entsprechenden Blogs des Vereins Infobalt zu stellen, dessen Mitglied ich bin.

Über Estland gab es einen Beitrag mit Umfrageergebnissen zur Akzeptanz der estnischen Regierung. Ein Kommentator mit dem Nickname „moevenort“ hielt den Beitrag für unkritisch. Daraufhin folgte ein weiterer mit konkreter Nennung, der dann beim Kommentator auf noch heftigere Ablehnung stieß. Er schrieb (in Auszügen, die kompletten Kommentare stehen online):
„ich bleibe bei meinem Kommentar, es handelt sich um Schönfärberei und nichts anderes. Ich bin selbst Politikwissenschaftler, weiss also sehr genau wie solche Umfragen zustande kommen Ganz wesentlich dabei ist die Art der Fragen, die gestellt werden gestellt bzw. nicht gestellt werden.“

„Das zum einen. Zum anderen hab ich zwei Jahre in Estland gelebt und gearbeitet, weiss also durchaus wie in wirtschaftlicher Hinsicht dort aussieht. Meine Prognose dürfte allerdings kaum gefallen. Es gibt nicht wenige Länder, die es selbst in der gegenwärtigen Krise nicht fertig gebracht haben, genau die Ideologie zu hinterfragen, die diese Krise verursacht hat. (...) Denn alles was man 20 Jahre lang in Estland getan hat war (wie kleine Kinder, so kam es mir manchmal vor) einer neuen Ideologie zu folgen (diesmal der neoliberalen) und eifrig das nachzuplappern, was in den vergangenen zwei Jahrzehnten in Kreisen von Bankern, Analysten und politisch Verantwortlichen so en vogue war (...) Diese geistige Leere ztu sehen ist traurig. anderererseits: woher soll das Nachdenken auch in einem Land kommen, dass in seinen Schulen und Universitäten nicht den geringsten Wert legt, seiner Jugend selbständiges Denken beizubringen? ? Worauf in der vergangenen Jahren Wert gelegt wurde, war stattdessen nachzubeten, nachzuplappern, Sprechblasen wiederzugeben.“

„Ich hatte in diesem Blog hier ja eh wenig Hoffnung, dass man auch diesen Punkt einmal hinterfragen könnte, aber die einseitige art der Darstellung hier hat selbst mich ein wenig überrascht. (...) Was nämlich unerwähnt bleibt ist, dass es nicht zu wenige Wirtschaftswissenschaftler gibt, die genau in dieser Euro -Einführung ein zusätzliches Problem für Estland sehen.

Der Administrator des Blogs bedankte sich für die „energische Meinungäusserung“ und wies darauf hin: „Ich glaube, worauf der Beitrag zunächst mal hinweisen wollte, war der Unterschied zwischen Estland und Lettland. Lettische Umfragen (...) weisen ein starkes Misstrauen gegenüber den gegenwärtig Regierungen auf - in Estland haben Umfragen offenbar momentan andere Ergebnisse.“

„Pauschales Schimpfen von Deutschen über angeblich "estnische Verhältnisse" oder gar "Ossis" möchten wir uns hier aber genauso wenig anschließen. In sofern sind aber der Blogbeitrag und darüber hinaus gehende Diskussionen zwei verschiedene Dinge.“ Der Administrator lädt anstelle von anonymen Kommentaren zum Mitbloggen ein.

Ein weiterer Kommentator, der dem Nickname „lacplesis“ (Lāčplēsis) nach wohl einen lettischen Hintergrund hat, schließt sich an: „Da hätte ich doch gern mal ein paar eigene Argumente gelesen, nicht nur das Zitieren von angeblich klugen Professoren ..“

Den sehr unstrukturierten Kommentar des vorgeblichen Politikwissenschaftler „moevenort“ im Detail zu lesen, ist fast unmöglich. Es ist zudem unwissenschaftlich, einhemischen, estnischen Politologen nicht nur eine Meinung, sondern sogar die Urteilsfähigkeit abzusprechen. Die Ausführungen klingen verdächtig danach, daß er Autor glaubt, im Besitz der einzigen Wahrheit zu sein. Der Administrator hat Recht, wenn er Diskussionen über die Methoden der Demoskopie für zulässig erklärt; sie aber wie „moevenort“ generell als Manipulationen abzuqualifizieren, ist eine Verschwörungsthoerie, zumal der Kommentator als Anonymus keine Belege für seine Behauptung vorlegt oder vorzulegen bereit ist. Als Politikwissenschaftler müßte er bei der Zitierung von Kollegen Zunft erwähnen, daß es immer verschiedene Meinungen auch innerhalb einer Disziplin gibt.

Dem Administrator außerdem zuzustimmen, daß es Politikwissenschaftler hin oder her keine Diskussionskultur ist, ohne Argumente und anonym Autoren anzugreifen, die unter ihrem vollen Namen publizieren.

Die implizite Behauptung von „moewenort“, das Zitieren von Umfrageergebnissen bedeute, diesen uneingeschränkten Glauben zu schicken ist erneut unwissenschaftlich. Wenn auch „lacplesis“ korrekt meint, daß Umfrageergebnisse den Wähler beeinflussen, so stellen sich gleich zwei Fragen. Stellen Verwandte, Freunde, Kollegen und andere Nachrichten keine Beeinflussung dar und ist diese Beeinflussung negativ? Vieler Wähler sind sicher froh über eine ungefähre Vorstellung des potentiellen Wahlausgangs, um für sich selbst einen Entschluß zu fassen. Jens-Olaf gibt denn auch zu bedenken, daß die estnische Regierung nicht aus der Luft entstanden ist.

Und an dieser Stelle mischt sich Kloty ein, mit dem es in diesem Blog zu einem früheren Zeitpunkt bereits längere Diskussionen (1, 2) gab, daß viele Esten die Reformpartei, also Andrus Ansip, nur wählen, um Edgar Savisaar zu verhindern. Aber das Abstimmen für das empfundene kleinere Übel ist in demokratischen Staaten weder neu noch abzulehnen. Allerdings gibt es nicht, wie Kloty behauptet, nur russische Anhänger bei Savisaar, sondern auch estnische. DIE Esten gibt es nicht, fügt Jens-Olaf hinzu. Es ist kein Geheimnis, daß Kloty russischer Abstammung ist, aus Estland kommt und sich als politisch links bezeichnet (Kloty stellt richtig: "Das ist falsch. Ich hatte eine russische Uroma, alle anderen Vorfahren waren entweder Esten oder Deutsche. Es ist richtig, dass ich in einer russisch-sprachigen Umgebung aufgewachsen bin. Deswegen habe ich viele Kontake zu Russen in Estland und bin viel auf russisch-sprachigen Newsseiten unterwegs, von wo ich hin und wieder ein Artikel nehme, den ich fuer uebersetzenswert halte". Die Diskussion zu deutschstämmigen russischen Spätaussiedlern, zu denen Kloty offensichtlich zählt, soll hier nicht eröffnet werden, nur so viel, neben der ethnischen Abstammung ist die Sozialisation freilich nicht unwichtig.). Von Deutschland aus greift er in früheren Diskussionen regelmäßig Estland an und verteidigt Positionender in Estland lebenden Russen. Jens-Olaf meint: „Hm, ich teile nicht jede Kritik Klotys an Estland, aber finde nicht, dass er das jetzige Russland als Vorbild gegenüber Estland darstellt.“ Vorbild wäre der falsche Begriff, aber in Fragen des sowjetischen verhaltens gegenüber den baltischen Ländern verteidigt er Positionen Rußlands. Daraufhin verteidigt sich Kloty: „Ich fuehle mich in Deutschland sehr wohl, viel wohler als in Estland oder in Rußland. Wuerde mir estnische Gesellschaft wuenschen, die mehr die deutsche und skandinavische Werte und Verstaendnisse von Marktwirtschaft und (Minderheiten-) Politik teilt, als was da gerade vorherrscht.“

Zu guter Letzt meldet sich „cjc“ überrascht über die Vielzahl der Kommentare. Die aber überraschen wenig, denn ein Post bezog sich auf einen konkreten Kommentar von „moevenort“. Daß dies zum Widerspruch herausfordert, liegt auf der Hand. Wieso es allerdings typisch deutsch ist, die fehlende Struktur in einem Text zu monieren, den jemand verfaßt hat, der selbst Politikwissenschaftler zu sein behauptet, bleibt ebenso unklar wie die Feststellung, daß 15% FDP gewählt haben, obwohl jeder weiß, daß Steuersenkungen nicht zu erwarten sind.

„moevenort“ bezieht sich in der Kritik von Neoliberalismus und Demoskopie auf die Diskussion zur Postdemokratie, eine verhältnismäßig aktuelle Richtung der Politikwissenschaft. Vielleicht sollte sich der Kommentator auch an andere, frühere Richtungen erinnern, etwa die Unregierbarkeit. In den siebziger Jahren erreichte ÖTV-Chef Karl-Heinz Kluncker Gehaltssteigerungen im zweistelligen Prozentumfang – mitten während der Ölkrise. Streiks gehörten zum Alltag der britischen Wirtschaft. Dies hat erst zum Sieg von Parteien geführt, die eine neoliberale Politik befürworteten und realisierten.

Samstag, 17. April 2010

In aller Munde

Als in der deutschen Presse erstmals der Robin Hood von Lettland, der sich selber Neo nennt, erwähnt wurde, war dieses Thema vor Ort eher online aktuell. Inzwischen wird es jedoch kaum jemanden geben, der noch nicht von Neo gehört hat, über den inzwischen sogar das Europamagazin der ARD berichtete.

Trotzdem ein kurzer Rückblick: Zunächst wurde nur über ein Leck in der Datenbank des lettischen Finanzamtes berichtet, später über Nero, der im Internet die Einkommen zahlreicher Mitarbeiter im Öffentlichen Dienst mit Namen veröffentlicht. Der Name Neo bezieht sich auf den Helden der Matrix-Filme; seine Gruppe nennt er 4ATA. Diese Abkürzung steht für “Ceturtās atmodas tautas armija”, auf deutsch die Volksarmee des vierten Erwachsens. Mit Atmoda, Erwachen, benennen die Letten die nationalen (nicht nationalistischen) Bewegungen, die seit Ende des 19. Jahrhunderts die eigene Identität durch das Entstehen bildender Künste förderten, was schließlich in die staatliche Unabhängigkeit mündete. Ende des 20. Jahrhunderts ging es um die Unabhängigkeit von der Sowjetunion.

Es besteht kein Zweifel, daß die Tätigkeit von Neo juristisch nicht in Ordnung ist, moralisch aber wird sich in Lettland kaum jemand finden, der sein Handeln nicht rechtfertigen würde – eine Parallele zu Deutschland und die Banken-CDs.

Hintergrund ist nicht nur die Enttäuschung über die politische Elite des Landes, sondern die Unverfrorenheit für lettische Verhältnisse exorbitant hoher Gehälter. Dazu einige Ausführungen:

Wenn der Präsident mehr als 3.000 LVL verdient, das sind rund 4.500 Euro, dann kann zur Not auf ein gern auch in Deutschland diskutiertes Argument zurückgegriffen werden, daß kompetente Menschen in die Politik nur mit konkurrenzfähigen Bezügen gelockt werden können. Da ist auch sicher was dran. Wenn aber die Mitarbeiter des Präsidialamtes durchschnittlich 844 LVL erhalten, während zahlreiche Menschen entweder ihren Job verloren haben oder ihnen aber wenigstens das Einkommen teilweise drastisch gekürzt wurde – 20 bis 40% sind nichts Ungewöhnliches im Rahmen der inneren Abwertung, welche die Regierung realisierte, um die Landeswährung nicht überhaupt abwerten zu müssen – dann ist Empörung keine Überraschung.

Zum Vergleich, der offiziell staatlich festgelegte Mindestlohn stieg in den vergangenen Jahren gemeinsam mit den Durchschnittseinkommen schnell und beträgt derzeit 180 LVL, also knapp 300 Euro. Der Durchschnittverdienst im Präsidialamt ist damit mehr als vier Mal so hoch, wobei er ungleich verteilt ist. Die Pressesprecherin erhielt 2.237 LVL.

Wie wenig 300 Euro in Lettland sind, darüber ließe sich trefflich streiten. Gewiß aber ist es mehr als in Deutschland; und von Verhungerten wurde in Lettland nicht berichtet. Trotzdem ist ein Gehalt von mehr als 2.000 LVL so viel Geld, daß es sich im Alltag schwerlich ausgeben läßt, selbst wenn der Betreffende ein Auto besitzt. Die Summe ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, daß, wenn auch kein Hunger, Armut in Lettland bereits vor der Krise existierte und jetzt viele Menschen betroffen sind, die sich noch vor wenigen Monaten zum Mittelstand zählen durften. Es gibt in Lettland nicht nur Tafeln wie in Deutschland, es gibt Werbekampagnen, halb Lettland nicht hungrig zu Bett gehen zu lassen.

Doch das Präsidialamt ist damit kein Einzelfall, Neo konnte klären, daß die Lieblingszahl im Öffentlichen Dienst 1.000 ist, aber es sind gerne auch fast 2.000. Darüber hinaus wurden viele Mitarbeiter befördert, so daß mancherorts jeder sein eigener Abteilungsleiter war, ohne noch untergebene Mitarbeiter zu leiten. In den letzten Jahren hatten die Regierungen den bürokratischen Apparat im Gegenteil etwa zu Estland ausgebaut. Ein Grund dafür war die Schaffung von Arbeitsplätzen. Im Rahmen der Finanzkrise wurde dieses Rad gehörig in die Gegenrichtung gedreht, Arbeitsplätze wurden gestrichen und ganze Behörden aufgelöst und ihre Zuständigkeiten auf andere verteilt.

Neo als Held zu feiern, wäre sicher falsch. Die Frage, ob die Ermittlungsbehörden “gestohlene” Daten für die Überführung von Tätern verwenden darf, wurde auch in Deutschland breit diskutiert. Aber als Parallele zu Peer Steinbrücks Kavallerie, welche Steueroasen inzwischen sehr unter Druck gesetzt hat, ist die politische Elite jetzt aufgefordert, für mehr Transparenz zu sorgen. Im Herbst sind Parlamentswahlen in Lettland.

Montag, 12. April 2010

Estland und der Euro

Die Gemeinschaftswährung der EU ist bei Nicht-Experten oft eine emotionale Angelegenheit. Experten diskutieren die Vorteile und Risiken des Euro. In einigen Ländern wird die Eurozone trotzdem als rettender Hafen wirtschaftlicher Stabilität gesehen. Und so betonen Estlands Regierungschef Andrus Ansip und Präsident Toomas Hendrik Ilves derzeit immer wieder, der Beitritt zum Jahre 2011 sei das Ziel der estnischen Politik, nachdem ein erster Versuch 2007 abgebrochen worden war. Am 12. Mai soll nun die EU-Kommission eine entsprechende Empfehlung aussprechen.

Die Esten haben gute Argumente auf ihrer Seite. Die Maastricht Kriterien erfüllt das Land besser als fast alle jetzigen Mitglieder. 1,7% des BIP Haushaltsdefizit 2009 und eine Prognose von 2,2% für das laufende Jahr sind ein guter Ausweis. Bei der Staatsverschuldung ist Estland schier ein Musterschüler mit nur 7,2% des BIP bei erlaubten 60%.

Die niedrige Inflationsrate von 1,7% überrascht hingegen weniger. Estland hatte ähnlich wie der südliche Nachbar Lettland in der Krise auf eine Abwertung der eigenen Währung zugunsten einer internen Abwertung verzichtet. Das bedeutete drastische Kürzungen der Staatsausgaben, verbunden mit Kürzungen der Gehälter. Die Folge sind eher deflationäre Tendenzen.

Diese Politik wurde durchgesetzt trotz stark steigender Arbeitslosigkeit, die inzwischen 15% beträgt und einer Schrumpfung der Wirtschaft von 14,1%.

Damit hat die derzeitige Regierung die Politik der Vorgängerkabinette fortgesetzt, die 1992 kurz nach der Unabhängigkeit mit der estnischen Krone ihre eigene Währung einführten und diese fest an die deutsche Mark banden.

Estland fürchtet folglich nicht die Folgen der Krise in Griechenland für den Euro. Ilves jedoch treibt die Sorge um, die Staaten der Eurozone könnten ihre Besorgnis über den Mittelmeerstaat zum Anlaß nehmen, die Aufnahmemöglichkeit weiterer Staaten in die Gemeinschaftswährung für gegenwärtig unmöglich zu erklären. In diesem Falle setzte die EU ein problematisches Signal, findet der estnische Präsident. Ein Land, welches die besten Eckdaten aufweist, die vielleicht noch Luxemburg vorweisen könne, werde von solchen Ländern abgelehnt, die den Maastricht-Kriterien bei weitem weniger entsprechen.

Freitag, 9. April 2010

Politisches Absurdistan in Lettland

Daß in Lettland kurz vor Parlamentswahlen gerne neue Parteien gegründet werden, ist bei weitem nichts Neues. Bislang allerdings handelte es sich aber vorwiegend um aussichtsreiche Projekte beliebter Persönlichkeiten. In den vergangenen Monaten wiederum fiel die politische Landschaft plötzlich mit Konsolidierung im Harmoniezentrum und der Gründung der Einheit auf. Nun machen die kleinen Parteien von sich reden; es wurden die Solidarität und die Internationale als politische Koalitionen gegründet.

Die Sozialdemokraten, welche von 1998 bis 2002 nur einmal im Parlament vertreten gewesen waren, die Volksbewegung Solidarität (Tautas Kustība Solidaritāte) und der lettische Ableger der europaweiten Euroskeptiker Libertas in Lettland wollen mit der Soldarität )Solidaritāte) ein sozialdemokratisch orientiertes Wahlbündnis auf die Beine stellen. Diese Zusammenstellung ist reichlich überraschend, wird doch Libertas vom früheren Ministerpräsidenten und Europaabgeordneten Guntars Krasts angeführt, der jahrelang der nationalkonservativen Partei Für Vaterland und Freiheit angehörte.

Diese Vergangenheit will nicht so recht zusammenpassen mit den programmatischen Forderungen nach mehr Staat in der Wirtschaftskrise zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit und Armut. Verwunderlich auch die Bestätigung des Chefs der Sozialdemokraten, Jānis Dinevičs, noch zu Jahrebeginn Gespräche mit der Einheit geführt zu haben. Die Sozialdemokraten waren aber nicht einverstanden mit dem Angebot einiger Listenplätze, um im Gegenzug selbst keine Liste mehr aufzustellen. Jetzt würde Dinevičs gerne bei der Wahl auf der Liste parteilose Vertreter von Nichtregierungsorganisationen sehen.

Die Partei Bewegung des 13. Januar (13. Janvāra Kustība) von Vladimir Linderman un Jevgeņij Osipov mit seiner „gleichnamigen“ Partei registrierten die Internatinale (Internacionāle), deren Hauptziel der Kampf für soziale Gerechtigkeit sei. Linderman ist die mit den Nationalbolschewisten sympathisierende schillernde Persönlichkeit in Lettland. Er hatte sich vor Gericht gegen illegalen Sprengstoffbesitz verantworten müssen, wo ihm die Staatsanwaltschaft letztlich keine Schuld nachweisen konnte. Linderman hatte das Verfahren durch einen längeren Aufenthalt in Rußland verzögert, bis er von den dortigen Behörden an Lettland ausgeliefert worden war.

Dienstag, 6. April 2010

Atbilde, kuru komentētājs domāja nesagaidīt

Līdzšinēji šajā vietā rakstīju par notikumiem vāciski runājošās zemēs. Šķiet, ka reizi jāraksta par citu tēmu, par personīgu, jo ne reizi vien komentāros komentē nevis mana teksta saturu, bet manas prasmes latviešu valodā. Šķiet, ka viens komentētājs domāja, ka atbildi no manis nesaņems.

Nepolitiķis 02.04.2010 12:19 komentē “Axel Reetz, kungs Jūsu latviešu valodas prasmes,tik tiešām nav baudāmas. Tā kā Jūs kontaktējieties verbāli par profesionālajiem jautājumiem un tai skaitā uzstājoties auditoriju priekšā maigi izsakoties ir nebaudāmi,neprofesionāli un bieži izklausās naivi bērnišķīgi un nesaprotami. žel,ka Jums ar paškritiku un pašnovērtējumu ir pavāji, kur nu vēl izliktās "domas" drukātā veidā,kuras izdzēst nevar. "Interesanti jautājumi":
1. Kurš ir devis akceptu Jums kādam kaut ko mācīt, vismaz latviešu valodā?
2. Vai patiesi esiet profesionālis sevis ivēlētā darbības veidā?
3. vai Jūs patiesi pašu kādreiz nepārņem kauna sajūta par saviem darbiņiem, un Jūsos neiezogas doma, ka tas kādreiz var Jums atspēleties, sevi braši pozicionējot kā lielo gudrinieku?
4. Kāda ir Jūsu attieksme pret LR Valsts valodu?Īnteresanti jautājumi uz kuriem diez vai saņemsim atbildi.”

Nav nekas īpašs svešvalodā izteikties kļūdaini. Lielākā lingua franca ir angļu, seko arī krievu, franču un spāņu utt. Tajās sarunājas arī “kompānijas”, kurās nevienam tā nav dzimtā. Valodas ar mazāk runātājiem kā, piemēram, latviešu, retāk paliek par kopīgo. Maskavā pie Kremļa sarunājoties ar marieti (somu-ugru tauta Krievijā), ar kuru vienīgā kopīgā valoda ir igauņu, rindā gaidījušie krievi uztvēra divus cilvēkus par latviešiem, kuri īstenībā katrs ar savu akcentu runāja igauniski.

Šo rindu autors nav nevienas valodas filologs un sācis mācīties svešvalodu, latviešu, par kuras eksistenci vēl dažus gadus iepriekš nebija pat dzirdējis, un pēc tam nekad savas svešvalodu zināšanas nav slavējis. To, savukārt, dara regulāri citi cilvēki, kas priecājas, ka kāds arī mācās kādu no mazām valodām. Protams, ka bez attiecīgās izglītības šo rindu autors nespēj nevienā svešvalodā izteikties tik labā stilā kā dzimtajā valodā. Tāpēc oficiālās publikācijas avīzēs un žurnālos tiek rediģētas. Neapšaubāmi, arī blogā varētu katru tekstu pirms publicēšanas kādam dod rediģēt. Tomēr, tas prasa ne tikai naudu, bet arī laiku.

Daži, kā “nepolitķis”, uztver šo rindu autora drosmi, publicēt nerediģētus tekstus, negatīvi. Citi atkal saka, ka domu varot saprast un līdzīgi kā iepriekš minētajos gadījumos priecājās par to, ka vispār ārzemnieks prot kaut vai kļūdaini latviešu valodu. Pirmā grupa varētu vienkārši nelasīt manus tekstus. Bet atsevišķie, man šķiet, speciāli lasa, lai piesieties par valodas prasmi. Starp citu, paši latvieši runā un raksta ar kļūdām. Un tas nav pārmetums, tas ir tikai normāli. Visās valodās tā ir un tāpēc valodas arī mainās. Starp citu, pašam “nepolitiķim” savā tekstā ir vairākas kļūdas. Vārdam “žēl” trūkst garumzīme, kura vārdam “interesanti” ir atkal lieka. Divas reizes jauc otras personas galotni daudzskaitlī ar pavēles izteiksmi. Vairākās vietās ir kļūdaina interpunkcija, ka arī atstarpes nav, kur viņām būtu jābūt.

Ko “nepolitķis” domā ar mājienu, ka man kādreiz kaut kas varētu atspēlēties? Mani kafejnīcā neapkalpos vairāk, LR aizliegs iebraukt valstī? Kad ieraudzīju šo komentāru, jautāju avīzes redakcijai, vai viņiem ar to esot problēma. Atbilde bija, ka komentāra autoram esot problēma.

Īstenībā, līdzšinēji uz visām “darbībām” šo rindu autoru aicināja, proti, par ieguldīta darba vērtību spriež citi – tā arī pats sevi nav pozicionējis kā gudrinieks. Uz raidījumā “Kas notiek Latvijā” janvārī no vadītāja (Jānis Domburs) uzdoto jautājumu, kas latviešiem savā valstī jādara, atbilde bija, ka latviešiem pašiem ir jāzina, kādā valstī grib dzīvot.

"Nepolitiķis” man uzdod vairākus personīgus jautājumus: Vai kauna sajūta man neesot kādreiz bijusi. Tas ir ļoti privāts jautājums, bet arī man, protams, ir gadījies kļūdīties. Atbilde uz jautājumu, kāda man ir attieksme pret LR valsts valodu, ir vienkāršā: Man patīk latviešu valoda gan pēc intonācijas gan gramatika, kura atšķirībā no igauņu valodas ir krietni loģiskāka. Reizēm cilvēki man jautā, cik ātrā laikā jūs mācījāties latviešu valodu. Bet to jau nevar pateikt, jo, kad es beigšu mācīties?

“Nepolitiķa” komentāram par auditorijām jāsaka, ka pie profesionalitātes pieskaitāms runāt vienmēr tik gudri, kā auditorija spēj uztvert. Konkrētāko atbildi šajā aspektā nesniegšu publiskā vietā, jo tas nozīmē, aprunāt cilvēkus.

Atšķirība no daudziem komentētājiem, ieskaitot “nepolitiķi”, publicēju visu ar savu vārdu, nevis ar kaut kādu niku.

Samstag, 3. April 2010

Oh Wunder, oh Volk, das mit seiner Regierung zufrieden ist

Wann hätte man in einer Demokratie schon einmal gehört, daß das Volk von der eigenen Regierung begeistert wäre. Es ist ganz im Gegenteil normal, daß es nicht so ist, sondern daß es die Politik nicht allen Recht machen kann und der Wähler sich auch schon einmal von seiner eigenen Partei enttäuscht sieht – um sie dann doch wieder zu wählen. Beliebt sind in aller Regel nur Monarchen und repräsentative Präsidenten.

Daß die Bevölkerung in Lettland die Nase voll hat von ihren Politikern, ist seit langem bekannt und alles andere als unbegründet. Anders verhält es sich im Nachbarland Estland.

Die Minister machen nach Ansicht der Esten einen guten Job. Ausgerechnet Ministerpräsident Andrus Ansip ist der einzige bei dem die Zustimmung nur bei 35% liegt, während ebenso viele Menschen vom Gegenteil überzeugt sind.

Zunächst wurden die Menschen gefragt, welche drei Personen ihnen am bekanntesten sind. Hier steht an vorderster Stelle selbstverständlich der Regierungschef, während Regionalminister Siim-Valmar Kiisler der unbekannteste Minister der Regierung ist. Das ist überraschend, weil dieser Minister im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform jüngst häufig in den Medien war, sagt der Politologe Tõnis Saarts. Ganz im Gegenteil zu den in der Öffentlichkeit seltener präsenten Ministern für Inneres und Landwirtschaft.

Die Minister wurden alle stärker positiv als negative bewertet. Im Falle von Ministerpräsident Ansip sind sich die Demoskopen nicht sicher, ob die positive Bewertung wirklich von seiner Arbeit abhängt oder nicht eher damit verbunden ist, daß die Esten zu seiner Reformpartei keine reelle Alternative sehen. Ursache für eine positive Einschätzung der Esten könne auch die Ablehnung der Russen sein. Eine Note für einen „ordentlichen Schuljungen“, wie die estnische Tageszeitung Postimees formuliert, geben Ansip 27%. Nach unten gedrückt wird die Gesamtbewertung durch die nicht Esten, von denen immerhin 75% den Ministerpräsidenten negativ sehen.

Bei Justizminister Rein Lang halten sich die Bewertungen mit 31% positiv und 28% negativ in der Waage, gleiches gilt für den Blick auf die Nationalität der Befragten. Die besten Werte erhalten mit 67% Kulturministerin Laine Jänes und mit 60% Außenminister Urmas Paet. Er ist gemeinsam mit Verteidigungsminister Jaak Aaviksoo auch in der Beurteilung der Kompetenz ganz oben.

Bei Sozialminister Hanno Pevkuri, Finanzminister Jürgen Ligi und Bildungsminister Tõnis Lukas gehen die Beurteilungen der Esten und der anderen Nationalitäen auseinander, was nach Ansicht der Experten mit den größeren wirtschaftlichen Problemen unter den Russen zusammenhängt, die ihnen Wirtschaft und Finanzen generell in negativem Licht erscheinen läßt.

Eine weitere Untersuchung hat ergeben, daß die Esten seit Dezember wieder optimistisch in die Zukunft schauen.

Damit unterscheidet sich Estland ganz grundlegend von Lettland.

Lettische Freiheitskämpferin Milda?

Spiegel online veröffentlichte jüngst einen Artikel über das Studieren in Riga. Klar können Journalisten Fehler unterlaufen, Bloggern auch. Manche sind aber weniger der Flüchtigkeit geschuldet als fehlender Recherche. Man sollte nicht immer alle glauben. Ein schöner Kommentar dazu steht im Lettland Blog des Vereins Infobalt.

Dr. Axel Reetz hat gesagt…
Das sind nicht alle Fehler: Wenn man schon eine lettische Vokabel dekliniert, dann sollte es wenigstens richtig sein. Cilvēki ist jedenfalls nicht der Genitiv von Mensch, weder im Singular noch im Plural. Daß das e mit dem Längenzeichen nicht abgedruckt wird trotz moderner Computertechnologie, daran hat man sich ja schon gewöhnt.
Dazu kommt der Hinweis auf die "einzige Volluniversität" im Baltikum. Darunter versteht man eine Universität mit Fakultäten in allen Wissenschaften und der Möglichkeit zur Promotion und Habilitation, wenn es auch an einer detaillierteren Definition fehlt. Was ist mit Tartu und Vilnius, die beide über eine jahrhundertealte Tradition verfügen? Vielleicht blieb die Autorin hier am ebenso problematisch begründeten Baltikum-Begriff hängen.

Tourismus mal anders

In den letzten Jahren sind britische Touristen in der Altstadt von Riga aufgefallen, weil junge Männer ihren Junggesellenabschied hier feierten. Abgesehen davon, daß sie oftmals nicht wenig alkoholisiert waren und sich entsprechend lautstark bemerkbar machten, wurden Truppen in Verkleidungen, etwa mit Windeln gesichtet.

Seit einiger Zeit gibt es aber in Lettland Kräfte, die versuchen, Ausländer mit medizinischen Dienstleistungen anzulocken. Das sind neben gesundheitlich überflüssigen oder gar umstrittenen Eingriffen wie Brustvergrößerungen und Fettabsaugen auch ernstzunehmende Leistungen etwa in der Zahnmedizin.

Während britische Journalisten sogar in der Times darauf hinwiesen, daß hier bis zu 40% der Kosten eingespart werden können, ließ sich der Rigaer Bürgermeister Nils Ušakovs in Großbritannien mit der Aussage zitieren, daß die Briten sich gerne in Riga betrinken dürften, aber es gebe auch noch andere interessante Angebote.

Experten weisen darauf hin, daß medizinische Touristen sich durchschnittlich sechs bis sieben Nächte in Lettland aufhalten. Damit liegen sie in der Länge des Besuchs gleich hinter Menschen in der Ausbildung. Darum gibt es inzwischen eine intensivere Zusammenarbeit zwischen medizinischen Einrichtungen, die gemeinsam in Werbung, eine Homepage, sogar eine Vertretung in London aber auch in die Bekämpfung des Betrugs investieren. Es kommt nämlich durchaus vor, daß ein Ausländer nach erfolgreicher Behandlung ein Mißverständnis vorschiebt, um die Rechnung nicht begleichen zu müssen.

Einstweilen wird dabei nicht diskutiert, daß für die einheimische Bevölkerung die in der Tat gemessen an westlichen Verhältnissen günstige Zahnmedizin oftmals unerschwinglich ist. Im Gegenteil zu anderen gesundheitlichen Problemen wird damit die Armut im Alltag sichtbar.

Inzwischen wurde Lettland auch als Destination für Suchtbehandlung entdeckt. Alkoholismus ist ein Problem nicht nur in Lettland – aber auch!