Freitag, 8. April 2011

Lettland wie es singt und lacht

Teil 1
Ein Rentner aus Liepāja wurde kürzlich zur Zahlung eines Bußgeldes von 25 Lat verdonnert. Sein Vergehen: er hatte eine Blondine Blondine genannt.

Was steht dahinter? Der Rentner namens Eiche wollte bei einem Bekannten in den Hof des Mehrfamilienhauses fahren, um einen Sack Briketts abzuliefern. Der Zugang wurde jedoch durch einen Jeep versperrt, dessen Fahrerein mit blonden Haaren selbst auf das Bitten des Betroffenen hin erst ihren Wagen nicht bewegte und sogar erklärte, der Hof sei schließlich privat. Erst nachdem der Rentner sein Vergehen begangen hatte, hatte die vermutlich tatsächlich blonde Dame ein Nachsehen – rief jedoch die Munizipalpolizei. Deren Wagen verfolgte den Delinquenten, konnte jedoch angeblich ob des Gegenverkehrs dessen Auto nicht überholen. So ermittelte man seine Adresse.

Wie sich später herausstellte, handelte es sich bei der betroffenen Dame und die Lebensgefährtin des Verwaltungschefs der Munizipalpolizei, der auf Nachfrage sogleich angab, sich wegen Befangenheit aus dem Fall herausgehalten zu haben.

Teil 2
Im Rigenser Esplanāde-Park gibt es derzeit eine Kirmes. Bürgermeister Nil Uschakow sagte, zeitweilige Vergnügungsparks seien in Großstädten etwas Normales, während Kulturministerin Sarmīte Ēlerte äußerte, die künftige Kulturhauptstadt Europas könne so etwas nicht erlauben. Was würde Reinis dazu sagen, titelt die Unabhängige, die als Zeitung des Oligarchen Lembergs gilt. Nun, Reinis ist der Goethe Lettlands, dessen Denkmal sich in besagtem Park befindet. Und tatsächlich befindet sich direkt vor seinem Antlitz die erste Attraktion, die ihm sozusagen die Sicht auf die anderen versperrt. Besucher und Organisatoren äußern ihr Unverständnis, da es sich nicht um eine dauerhafte Einrichtung handele, es zu Beginn des Frühlings das Grau der Stadt bunter mache und außerdem sowieso ein vergleichbares Objekt schon früher auf dem Livenplatz mitten in der Altstadt gestanden hatte.

Teil 3
Und damit zu den ernsten Themen. In Lettland zahlt man natürlich eine Umsatzsteuer, im Volksmund gerne Mehrwertsteuer genannt. Auch werden den Berufstätigen die Einkommenssteuern gleich vom Arbeitgeber abgezogen – auf dem Konto kommt also nur der Nettoverdienst an. Aber: Es gibt keine Steuererklärung in diesem Sinne, will sagen, der lettische Staat, das Finanzamt, weiß nicht, wem was im Lande im Detail gehört. Daß dies bereits vor 20 Jahren hätte erledigt werden müssen – als Kassensturz nach der Unabhängigkeit sozusagen – darüber sind sich eigentlich alle Kommentatoren einig. Dennoch ist es bislang nicht geschehen, sollte nun wieder einmal in Angriff genommen werden und ist neuerlich in der Gesetzgebungsmaschine stecken geblieben. Statt vom Sommer 2011 ist bereits vom 1. Januar 2012 die Rede. Experten gehen jedoch davon aus, daß der große graue Markt versuchen wird, nicht aus der Deckung zu kommen. Auch heißt es, daß es für die Menschen in Lettland charakteristisch sei, Angaben über ihre Einkünfte als Bedrohung zu betrachten.

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