... manchmal ist die Politik schneller als die Kommentatoren. Deshalb steht hier eine Ergänzung gewiß an. Daher einstweilen unredigiert:
Peter Mühlbauer titelt auf dem Internetportal Telepolis, aus Pinkwart werde Pinkilanti. Und ich muß zugeben, daß mir ein ähnlicher Gedanke auch bei Sylvia Löhrmann auf der Tastatur lag – die Ausschließerietis. Während in Skandinavien Minderheitsregierung keine Seltenheit sind, die sich zudem ihre Mehrheiten auf verschiedenen Seiten holen, so verlangt die deutsche politische Kultur immer den Konsens nach dem Motto, die sollen sich halt zusammensetzen. Das sagte auch der Kollege der Bildzeitung im Presseclub vergangenen Sonntag.
Und das ist eben das Komische in Deutschland. Auf der einen Seite lehnt die Bevölkerung den politischen Streit ab. Parteien, die öffentlich innere Konflikte austragen, gelten als nicht geschlossen und verlieren regelmäßig Wahlen. Andererseits könnte man nicht behaupten, daß es in Deutschland keine offen ausgetragene Meinungsvielfalt gäbe. Ein wenig schizophren kommt das manchmal daher.
Und so hat sich nun auch das Wahlvolk entschieden. Ich persönlich habe seit der Bundestagswahl von 1994 regelmäßig mit einer Pattsituation gerechnet, die dann erst 2005 entstand, sich 2008 in Hessen wiederholte und nun auch in Nordrhein-Westfalen eingetreten ist. Der Bund floh sich in die große Koalition und Hessen wählte neu. Die CDU-SPD Zusammenarbeit wünschen sich ja nach den jüngsten Umfragen zahlreiche Deutsche im Bund zurück. Sie stößt in NRW wegen des gefühlten Sieges der SPD auf große Probleme. Neu wählen ist für alle Parteien im Land eine große Unsicherheit.
Und damit bleiben ja nur rot-rot-grün, Ampel und Jamaica. Dem müssen nicht nur die Politiker ins Gesichts sehen, sondern auch das Wahlvolk. Es selbst hat schließlich diese Konstellation hervorgebracht, inklusive all jener Bürger, die sich der Wahl enthalten haben. Es sind ja bei weitem nicht nur die Politiker, die an der Ausschließerietis leiden, die Umfragen belegen nicht viel anderes. Es sind die altgedienten Politiker, die sich an sozialliberale Koalitionen erinnern und darauf aufmerksam machen, daß sich die FDP die Ampel nicht generell ausschließen sollte.
Na gut, und da wäre wieder die Option der wechselnden Mehrheiten. Rüttgers würde nach seinem Verlust von 10% abgelöst, die gefühlte Siegerin würde Ministerpräsidentin, müßte sich aber in sozialen Fragen ohne jeden Zweifel mit der Partei des selbst erklärten Arbeiterführers unterhalten, denn angesichts sehr weitgehender Forderungen der Linken ist auch in diesem Politikfeld mit der Zustimmung dieser Fraktion nicht automatisch zu rechnen.
Dabei darf nicht vergessen werden, daß rot-grün nur ein Madat fehlt. Im Grunde müßte das die anderen Parteien dazu treiben, um die Gunst einer solchen Minderheitsregierung zu buhlen, um Teile ihres Programms durchzusetzen respektive andere Punkte von rot-grün zu verhindern.
Freilich, so schnell läßt sich die Sehnsucht der Deutschen nach stabilen Verhältnissen nicht aus der Welt schaffen. Die große Koalition hätte ihre Tücken. Eine Zusammenarbeit mit einer in NRW wenig straffen Linken birgt Gefahren, auch wenn rot-grün nur eine Stimme fehlt. Jamaica würde tatsächlich aussehen, als würden die Grünen die Mehrheitsbeschaffer einer abgewählten Koalition. Für Andreas Pinkwart sollte dies Ansporn zu einem erneuten Anlauf sein, der FDP neue Wählerschichten und neue Koalitionsoptionen zu eröffnen.
Doch zugegeben, auch dies ist mehr als schwieirg. Der Wähler hat Guido Westerwelle erst im September das beste Ergebnis der FDP aller Zeiten beschert, obwohl der sich heute nicht grundlegend anders gibt als zuvor in der Opposition. Die FDP-Politiker müssen sich insofern weniger Wankelmut nachsagen lassen, als die Wähler, die schließlich wußten, was sie wählen und die gleiche Partei mit dem gleichen Vorsitzenden in Umfragen jetzt ins Bodenlose stürzen lassen.
Die Wähler wissen offensichtlich nur bedingt was sie wollen. Damit machen sie es keiner potentiellen Koalition wirklich einfach.
Mit der erfordrlichen Neubesetzung von Schloß Bellevue steht Merkel vor einem Spagat. Einerseits gibt es eine schwarz-gelbe Mehrheit im Bundesrat und die Wahl eines allseits anerkannten Kandidaten könnte damit ein Zeichen der Schwäche sein - unter Politikern. Die Bevölkerung erwartet es womöglich.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen