Nachdem sich das Parteiensystem in Lettland mit dem Urnengang von 2010 mehr oder weniger stabilisiert hatte, wurde auch im Rekordtempo eine neue Regierung bestätigt. Der alte neue Regierungschef heißt Valdis Dombrovskis und führt nach den intensiven Diskussionen um verschiedene Modelle von Partnerschaften eine Koalition aus nur zwei Parteien an.
Trotzdem gab es gleich zu Beginn verschiedene Ereignisse mehr oder weniger großer Tragweite.
Außenminister Ģirts Valdis Kristovskis hatte sich wohl mit einem Freund, einem Mediziner per E-Mail ausgetauscht, in dem der Gesprächspartner sich negativ über Russen äußerte, die er nicht behandeln könne wie Letten. Kristovskis hatte irgendwo geschrieben, er stimme den Positionen zu ohne dabei genau klarzustellen, welche Argumente er damit im Detail meinte. Als dies bekannt wurde, forderte die Opposition nur einen Tag nach der Vertrauensabstimmung im Parlament seinen Rücktritt. Kristovskis überstand jedoch wie erwartet den Mißtrauensantrag.
Die vom Wähler als Abgeordnete nicht mehr ins Parlament gewählte Linda Mūrniece, die dennoch weiterhin Innenministerin sein darf, erneuerte den Vorschlag, ein Pädophilenregister zu erstellen.
Im Falle des Verteidigungsministers Artis Pabriks wurde dessen Unzufriedenheit mit der Ressortzuteilung diskutiert wie auch das Unverständnis über die Position als stellvertretender Ministerpräsident. Die Aufgabe wurde ihm zugeteilt, um die Präsidentur der Europäischen Union durch Lettland im Jahre 2015 vorzubereiten. Gleichzeitig hieß es, für diese Aufgabe erhalte er kein Einkommen und trotz des Titels werde er auch in Abwesenheit von Dombrovskis keine Kabinettssitzungen leiten, so Dombrovskis selbst.
Querschüsse kamen auch vom Ventspilser Bürgermeister Aivars Lembergs, der grauen Eminenz hinter dem Koalitionspartner, welcher während der Koalitionsverhandlungen im Ausland geweilt hatte und somit erst nach der Fertigstellung der Kabinettsliste diese zu kommentieren begann. Er legte Kristovskis den Rücktritt nahe.
Angesichts dieser Ereignisse stellt sich die Frage, wer gegenwärtig in der lettischen Politik die Zügel hält, nachdem sich die Kräfteverhältnisse innerhalb der Koalitionslisten, insbesondere auch der Wahlsiegerin Einigkeit verschoben haben. Bemerkenswert dabei ist auch, daß Präsident Valdis Zatlers in seiner Ansprache, in welcher er Dombrovskis zum Kandidaten für das Amt des Regierungschefs berief, der Politik nahelegte, die ethnische Spaltung zu überwinden und deutlich machte, daß alle in Lettland lebenden Russen auch die „Unsrigen“ seien.
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