Donnerstag, 5. März 2009

Segen und Fluch einer Statsbürgerschaft

Daß die Letten und Esten nach dem Zusammenbruch dewr Sowjetunion nicht ALLEN Einwohnern die Staatsbürgerschaft ohne Wenn und Aber gewährt haben, wurde in den nachfolgenden Jahren in der linken bis bürgerlichen Presse oft genauso als Diskriminierung bezeichnet wie in den Sozialwissenschaften.

Auf die Nuancen der Situation in den genannten beiden Staaten soll hier nicht eingegangen werden, aber über die Folgen der derzeitigen krise für diese Frage. Die lassen nämlich aufhorchen.

Bislang waren Sprachprobleme der Migranten aus der Sowjetzeit ein wichtiger Hindergrund der Einbürgerung, weil viele Lettisch und Estnisch entweder nicht zu lernen vermochten oder wollten. Die erschwerte Reise in die ethnische Heimat, nach Rußland oder in die Ukraine, war ein zweiter Grund. Weiter verschleppt haben viele Betroffene diese Frage, nachdem innerhalb der EU zwischen Bürgern der baltischen Republiken und den Staatenlosen zunehmend weniger Unterschiede machten.

Aber seit der Finanzkrise berichtet die Einbürgerungsbehörde von einem gänzlich neuen Phänomen. Es rufen Letten an, die zu keinem Zeitpunkt aufgrund ihrer Herkunft eine Einbürgerung hatten beantragen müssen, weil sie aus Enttäuschung über ihren Staat und seine Politik plötzlich ihre Staatsbüregrschaft abgeben wollen!

Mitarbeiter der Einbürgerungsbehörde haben sich nun verzweifelt während der Bildung einer neuen Regierung an die oppositionellen Parteien gewandt mit der Bitte, doch etwas zu unternehmen, sie hielten diesen Druck psychisch nicht aus.

Selbstverständlich kann der Staat keine Bürger aus der Staatsbürgerschaft entlassen, wenn diese gleichzeitig nicht eine andere erhalten.

Ganz anders die tendenz unter den Staatenlosen Lettlands. Der fließend lettisch sprechende Alexander erklärt etwa gegenüber dem lettischen Radio, daß er in Irland über Verwandte Arbeit gefunden habe. Die aber könne er nur antreten, wenn er die lettische und damit eine EU-Staatsbüregrschaft habe. Jewgenij hingegen hat andere Gründe. In der Wirtschaftskrise sei es überall schwierig, Arbeit zu finden. Er sieht in der Stastbürgerschaft angesichts womöglich steigender Kriminalität auch Selbstschutz.

Die Zahlen der Einbüregrungsbehörde sind jedoch eindeutig. In den vergangenen Monaten ist die Zahl der Einbürgerungswilligen deutlich gestiegen. Die Zahlen zeigen aber auch, so das Amt, daß Lettland gerade die Intellektuellen verlassen. Und für eine Arbeit im Ausland benötigt der Staatenlose neben der Aufenthaltserlaubnis auch eine Arbeitserrlaubnis. Diese aber ist zu erhalten nur in Zusammenarbeit mit dem konkreten Arbeitgeber.

Die Kriminalität ist in den letzten Wochen deutlich gestiegen, regelmäßig gibt es mittlerweile sogar bewaffnete Überfälle auf kleine Geschäfte. Ob der morgendliche Überfall auf den Dirigenten Märis Sirmais in seiner Wohnung vor wenigen Tagen Motive hatte, die im privaten Bereich zu suchen sind, konnte einstweilen noch nicht geklärt werden.

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