Wenn man es genau nimmt, so bestand bei Bundestagswahlen seit 1994 die Möglichkeit, daß durch den Einzug der PDS weder scharz-gelb noch rot-grün eine Mehrheit haben würden. Die vieldiskutierte Überhangmandatregelung und das vom Bundesverfassungsgericht bemängelte, sogenannte negative Stimmengewicht ist sicher ein Grund dafür, warum dies erst 2005 geschah. Freilich gab es auch andere Gründe politischer Inhalte, allem voran eine Abneigung gegenüber der PDS, in welcher viele, die die Zeit der deutschen Teilung noch in gutter Erinnerung haben, nach wie vor die SED sehen.
Die Zeiten haben sich aber geändert. Ein guter Teil der Wähler ist inzwischen zu jung, um eine emotionale Erinnerung an die DDR zu haben und mit Oskar Lafontaine hat ein Politiker aus dem Westen die Partei auch hier “hoffähiger” gemacht – aber eben auch nur ein bißchen.
Das Ergebnis der Landtagswahl in Hessen 2007 konnte insofern nicht überraschen. Und das mit genau diesem Ergebnis die Debatte über den Umgang mit der Linkspartei beginnen würde, war ebenso absehbar. Einstweilen ist die Partei im Westen nicht das, was sie in Sachsen-Anhalt, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern war und ist, als sie dort politische Verwantwortung übernahm.
Seit dieser Zeit geht im deutschen Parteiensystem ein Virus um: die Ausschließerrietis. Der Infektionsherd ist das Parteiensystem nur indirekt, indem es sich verändert. Auslöser sind viel mehr ein Teil der Wähler und mehr noch die Medien, unter deren Vertretern –Journalisten – die Fraktion mit emotionaler Erinnerung an die deutsche Teilung die Mehrheit stellt. Die Ausschließerrietis geht also vorwiegend von moralischer Empörung der Journalisten und eines Teils der Wählerschaft aus als von den Politikern, unter denen immer wieder darauf hingewiesen wurde, daß der Vorwurf einer Machtbeteiligung einer für den Austritt aus der NATO eintretenden Linken auf Bundesebene absurd ist.
Die Empörung hat 2007 verhindert, daß als Lösung nicht gewählt wurde, was in anderen, vor allem nordeuropäischen Ländern, normal ist, nämlich die Bildung einer Minderheitsregierung, die mit wechselnden Mehrheiten regiert.
Auch Heribert Prantl kommentierte, daß die Wähler und mit ihnen das Parteiensystem bunter und flexibler geworden sind, die Parteien selbst sind es aber (einstweilen noch) nicht. Die Parteien haben auf Druck der Presse damals das Thema vertagt. Mit den Landtagswahlen in Thüringen und dem Saarland hat es sich aber postwendend und zu einem für die Parteien unangenehmem Moment wieder auf die Tagesordnung gemogelt. Doch auch dies war zu erwarten.
Nun droht sich Gleiches wie in Hessen in umgekehrter Form zu wiederholen. Während Andrea Ypsilanti ihr Versprechen verwarf, nicht mit der Linken zusammenarbeiten zu wollen, um ihre politischen Ziele zu realisieren, schickt sich Christoph Matschie in Thüringen nun an, das Koalitionsversprechen einzuhalten und zu diesem Zweck seine inhaltlichen für eine Koalition mit der CDU über Bord zu werfen. Die SPD war in diesem Land bereits einmal in einer großen Koalition und stürzte anschließend von fast 30% auf unter 20% ab.
Freilich unterscheiden sich die beiden Beispiele; in Hessen zog die Linke erstens nur knapp in den Landtag ein, während sie in Thüringen zweitstärkste Kraft ist und fast zehn Prozent vor den Sozialdemokraten liegt. Zweitens ist die Partei im Osten eine politikerfahrene und kein Sammelbecken für diverse linksorientierte Sektierer wie parteill in Hessen und in Niedersachsen.
Nun wäre es an der Zeit, pragmatische Lösungen zu finden, die eine bessere Antwort auf den Wählerwillen darstellen, als so lange wählen zu lassen, bis der politischen Elite und den Journalisten das Ergebnis paßt. Freilich, räumen wir den Parteien großzügig ein, sich zu orientieren bis zur Bundestagswahl. Es ist nachvollziehbar, daß unmittelbar vor dem nationalen Urnengang Entscheidungen in diesen Fragen das Wählerverhalten nicht nur beeinflussen, sondern den Wähler möglicherweise auch verunsichern können.
Minderheitsregierungen mit wechselnden Mehrheiten wäre eine Lösung, die in Hessen ermöglicht hätte, sowohl das gegen die Linke gerichtete Versprechen Ypsilantis wenigstens teilweise einzuhalten und damit auch die Regierung nicht von unsicheren Kantonisten abhängig zu machen. In Thüringen ist die Linkspartei hingegen kein Chaotenhaufen und mit Lafontaine im Hintergrund auch im Saarland weniger. In beiden Fällen wären rot-grüne Minderheitskabinette angesichts der Stärke der Linken entschieden kleiner als in Hessen.
Bliebe als Alternative für Thüringen, daß nicht die stärkste Partei einer rot-rot-grünen Koalition, also die Linke den Regierungschef stellte. Christoph Matschie fühlt sich einstweilen in einer starken Position, weil ohne die SPD keine Regierung möglich ist. Daß die stärkste Koalitionspartei nicht den Ministerpräsidenten stellt, ist für Deutschland eine Ausnahme und ist etwa mit Reinhold Maier in Baden-Württemberg 1952 wie auch in Niedersachsen im selben Jahrzehnt vorgekommen, als das Parteiensystem noch unübersichtlicher war.
Einstweilen wurde für Thüringen der parteilose Theologe Ralf-Uwe Beck in die Diskussion gebracht. Aber gerade weil die Grünen in Thüringen für eine Mehrheit gar nicht nötig wären, Bodo Ramelow jedoch eine Ein-Stimmen-Mehrheit für zu klein hält und die Grünen aus diesem Grunde mit ins Boot holen möchte, warum nicht einen Grünen zum Ministerpräsident wählen? Dann würden diese sich auch gewiß weniger als fünftes Rad am Wagen fühlen.
So könnten in Thüringen neue Wege beschritten werden wie auch im Saarland völlig unabhängig von den Alternativen rot-rot-grün und Jamaika etwas neues ausprobiert werden muß und wird.
Auf der Bundesebene herrscht die Ausschließerrietis jedoch noch vor, und damit kann es am Ende, wenn es für Schwarz-gelb nicht reicht, nur wieder eine große Koalition geben. In beiden Fällen wird das aber nicht verhindern können, daß die Parteien sich mit den neuen Mehrheitsverhältnissen bald werden auseinandersetzen müssen.
Eine (knappe) schwarz-gelbe Mehrheit wird die dann in der Opposition befindlichen Kräfte auf der Landesebene beflügeln. Eine neuerliche große Koalition würde genau so unter dem Druck der rot-rot-grünen Option stehen wie im Spannungsfeld des Umgangs der Union mit ihrer Kanzlerin, wenn es ihr nicht gelingt, die große Koalition durch eine genehmere Mehrheit zu beenden.
Die Zeiten haben sich aber geändert. Ein guter Teil der Wähler ist inzwischen zu jung, um eine emotionale Erinnerung an die DDR zu haben und mit Oskar Lafontaine hat ein Politiker aus dem Westen die Partei auch hier “hoffähiger” gemacht – aber eben auch nur ein bißchen.
Das Ergebnis der Landtagswahl in Hessen 2007 konnte insofern nicht überraschen. Und das mit genau diesem Ergebnis die Debatte über den Umgang mit der Linkspartei beginnen würde, war ebenso absehbar. Einstweilen ist die Partei im Westen nicht das, was sie in Sachsen-Anhalt, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern war und ist, als sie dort politische Verwantwortung übernahm.
Seit dieser Zeit geht im deutschen Parteiensystem ein Virus um: die Ausschließerrietis. Der Infektionsherd ist das Parteiensystem nur indirekt, indem es sich verändert. Auslöser sind viel mehr ein Teil der Wähler und mehr noch die Medien, unter deren Vertretern –Journalisten – die Fraktion mit emotionaler Erinnerung an die deutsche Teilung die Mehrheit stellt. Die Ausschließerrietis geht also vorwiegend von moralischer Empörung der Journalisten und eines Teils der Wählerschaft aus als von den Politikern, unter denen immer wieder darauf hingewiesen wurde, daß der Vorwurf einer Machtbeteiligung einer für den Austritt aus der NATO eintretenden Linken auf Bundesebene absurd ist.
Die Empörung hat 2007 verhindert, daß als Lösung nicht gewählt wurde, was in anderen, vor allem nordeuropäischen Ländern, normal ist, nämlich die Bildung einer Minderheitsregierung, die mit wechselnden Mehrheiten regiert.
Auch Heribert Prantl kommentierte, daß die Wähler und mit ihnen das Parteiensystem bunter und flexibler geworden sind, die Parteien selbst sind es aber (einstweilen noch) nicht. Die Parteien haben auf Druck der Presse damals das Thema vertagt. Mit den Landtagswahlen in Thüringen und dem Saarland hat es sich aber postwendend und zu einem für die Parteien unangenehmem Moment wieder auf die Tagesordnung gemogelt. Doch auch dies war zu erwarten.
Nun droht sich Gleiches wie in Hessen in umgekehrter Form zu wiederholen. Während Andrea Ypsilanti ihr Versprechen verwarf, nicht mit der Linken zusammenarbeiten zu wollen, um ihre politischen Ziele zu realisieren, schickt sich Christoph Matschie in Thüringen nun an, das Koalitionsversprechen einzuhalten und zu diesem Zweck seine inhaltlichen für eine Koalition mit der CDU über Bord zu werfen. Die SPD war in diesem Land bereits einmal in einer großen Koalition und stürzte anschließend von fast 30% auf unter 20% ab.
Freilich unterscheiden sich die beiden Beispiele; in Hessen zog die Linke erstens nur knapp in den Landtag ein, während sie in Thüringen zweitstärkste Kraft ist und fast zehn Prozent vor den Sozialdemokraten liegt. Zweitens ist die Partei im Osten eine politikerfahrene und kein Sammelbecken für diverse linksorientierte Sektierer wie parteill in Hessen und in Niedersachsen.
Nun wäre es an der Zeit, pragmatische Lösungen zu finden, die eine bessere Antwort auf den Wählerwillen darstellen, als so lange wählen zu lassen, bis der politischen Elite und den Journalisten das Ergebnis paßt. Freilich, räumen wir den Parteien großzügig ein, sich zu orientieren bis zur Bundestagswahl. Es ist nachvollziehbar, daß unmittelbar vor dem nationalen Urnengang Entscheidungen in diesen Fragen das Wählerverhalten nicht nur beeinflussen, sondern den Wähler möglicherweise auch verunsichern können.
Minderheitsregierungen mit wechselnden Mehrheiten wäre eine Lösung, die in Hessen ermöglicht hätte, sowohl das gegen die Linke gerichtete Versprechen Ypsilantis wenigstens teilweise einzuhalten und damit auch die Regierung nicht von unsicheren Kantonisten abhängig zu machen. In Thüringen ist die Linkspartei hingegen kein Chaotenhaufen und mit Lafontaine im Hintergrund auch im Saarland weniger. In beiden Fällen wären rot-grüne Minderheitskabinette angesichts der Stärke der Linken entschieden kleiner als in Hessen.
Bliebe als Alternative für Thüringen, daß nicht die stärkste Partei einer rot-rot-grünen Koalition, also die Linke den Regierungschef stellte. Christoph Matschie fühlt sich einstweilen in einer starken Position, weil ohne die SPD keine Regierung möglich ist. Daß die stärkste Koalitionspartei nicht den Ministerpräsidenten stellt, ist für Deutschland eine Ausnahme und ist etwa mit Reinhold Maier in Baden-Württemberg 1952 wie auch in Niedersachsen im selben Jahrzehnt vorgekommen, als das Parteiensystem noch unübersichtlicher war.
Einstweilen wurde für Thüringen der parteilose Theologe Ralf-Uwe Beck in die Diskussion gebracht. Aber gerade weil die Grünen in Thüringen für eine Mehrheit gar nicht nötig wären, Bodo Ramelow jedoch eine Ein-Stimmen-Mehrheit für zu klein hält und die Grünen aus diesem Grunde mit ins Boot holen möchte, warum nicht einen Grünen zum Ministerpräsident wählen? Dann würden diese sich auch gewiß weniger als fünftes Rad am Wagen fühlen.
So könnten in Thüringen neue Wege beschritten werden wie auch im Saarland völlig unabhängig von den Alternativen rot-rot-grün und Jamaika etwas neues ausprobiert werden muß und wird.
Auf der Bundesebene herrscht die Ausschließerrietis jedoch noch vor, und damit kann es am Ende, wenn es für Schwarz-gelb nicht reicht, nur wieder eine große Koalition geben. In beiden Fällen wird das aber nicht verhindern können, daß die Parteien sich mit den neuen Mehrheitsverhältnissen bald werden auseinandersetzen müssen.
Eine (knappe) schwarz-gelbe Mehrheit wird die dann in der Opposition befindlichen Kräfte auf der Landesebene beflügeln. Eine neuerliche große Koalition würde genau so unter dem Druck der rot-rot-grünen Option stehen wie im Spannungsfeld des Umgangs der Union mit ihrer Kanzlerin, wenn es ihr nicht gelingt, die große Koalition durch eine genehmere Mehrheit zu beenden.
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