Montag, 12. April 2010

Estland und der Euro

Die Gemeinschaftswährung der EU ist bei Nicht-Experten oft eine emotionale Angelegenheit. Experten diskutieren die Vorteile und Risiken des Euro. In einigen Ländern wird die Eurozone trotzdem als rettender Hafen wirtschaftlicher Stabilität gesehen. Und so betonen Estlands Regierungschef Andrus Ansip und Präsident Toomas Hendrik Ilves derzeit immer wieder, der Beitritt zum Jahre 2011 sei das Ziel der estnischen Politik, nachdem ein erster Versuch 2007 abgebrochen worden war. Am 12. Mai soll nun die EU-Kommission eine entsprechende Empfehlung aussprechen.

Die Esten haben gute Argumente auf ihrer Seite. Die Maastricht Kriterien erfüllt das Land besser als fast alle jetzigen Mitglieder. 1,7% des BIP Haushaltsdefizit 2009 und eine Prognose von 2,2% für das laufende Jahr sind ein guter Ausweis. Bei der Staatsverschuldung ist Estland schier ein Musterschüler mit nur 7,2% des BIP bei erlaubten 60%.

Die niedrige Inflationsrate von 1,7% überrascht hingegen weniger. Estland hatte ähnlich wie der südliche Nachbar Lettland in der Krise auf eine Abwertung der eigenen Währung zugunsten einer internen Abwertung verzichtet. Das bedeutete drastische Kürzungen der Staatsausgaben, verbunden mit Kürzungen der Gehälter. Die Folge sind eher deflationäre Tendenzen.

Diese Politik wurde durchgesetzt trotz stark steigender Arbeitslosigkeit, die inzwischen 15% beträgt und einer Schrumpfung der Wirtschaft von 14,1%.

Damit hat die derzeitige Regierung die Politik der Vorgängerkabinette fortgesetzt, die 1992 kurz nach der Unabhängigkeit mit der estnischen Krone ihre eigene Währung einführten und diese fest an die deutsche Mark banden.

Estland fürchtet folglich nicht die Folgen der Krise in Griechenland für den Euro. Ilves jedoch treibt die Sorge um, die Staaten der Eurozone könnten ihre Besorgnis über den Mittelmeerstaat zum Anlaß nehmen, die Aufnahmemöglichkeit weiterer Staaten in die Gemeinschaftswährung für gegenwärtig unmöglich zu erklären. In diesem Falle setzte die EU ein problematisches Signal, findet der estnische Präsident. Ein Land, welches die besten Eckdaten aufweist, die vielleicht noch Luxemburg vorweisen könne, werde von solchen Ländern abgelehnt, die den Maastricht-Kriterien bei weitem weniger entsprechen.

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