Samstag, 14. Februar 2009

Lettlands Wertegemeinschaft (ergänzt)

In den 90er Jahren veröffentlichte Samuel Huntington seine Idee vom Konflikt zwischen den Zivilisationen über die Frage der demokratischen Staatsordnung. Ronald Inglehart behauptete anschließend, es ging nicht um die Frage der Staatsform, sondern um die Rolle des Individuums in der Gesellschaft. Der abendländische Liberalismus sei für andere Kulturen nicht annehmbar.

Diese Theorie wurde freilich aufgestellt, als der real existierende Sozialismus gerade erst zusammen brach und die Einstellungskomplexe dieser Gesellschaften noch wenig bekannt waren.

Inzwischen zeigt sich unter anderem am Glauben an eine jüdisch-schwule Weltverschwörung in persona von beispielsweise George Soros, daß die Gesellschaften Osteuropas in solchen Fragen entschieden weniger aufgeklärt sind, als es im Westen des Kontinents üblich ist, wo noch vor einem halben Jahrhundert Homosexualität auch mit Gefängnis bestraft wurde.

Freilich, diese Wertegemeinschaft ist ein brüchiger Ansatz. Schließlich gibt es in den USA, die als eines der führenden Länder des westens angesehen werden, in vielen Bundesstaaten nach wie vor die Todesstrafe, welche in Kontinetaleuropa verpönt ist.

Und so ist dieses Thema, Finanzkrise hin oder her, auch in Lettland nach wie vor auf der Tagesordnung. Die Abgeordnete der Neuen Zeit, Linda Mūrniece, forderte erst am 12. Feburar in einem Kommentar in der eher konservativen Latvijas Avīze die Todesstrafe für Pädophilie. Mūrniece schreibt wörtlich: “ich bin eine Befürworterin der Todesstrafe und niemand kann mich vom gegenteil überzeugen, daß ein Kindermörder das Recht habe zu leben. Ich glaube auch nicht an die Argumente bezüglich der europäischen Forderungen, denn wie wir gegenwärtig sehen ist Europa nicht in der Lage das gegenwärtige in unserem Staat herrschende Chaos in irgendeiner Form zu beeinflussen”.

Die Überschrift lautet: “Pädophile haben keine Menschenrechte!” Das Ausrufungzeichen wurde von der Autorin gesetzt.

Mūrniece geht nicht darauf ein, daß aus sexueller Anziehung erst dann ein Kapitalverbrechen wird, wenn der Betroffene sie auslebt. Sie geht auch nicht auf den meist in der Familie stattfindenden, teilweise über Jahre andauernden sexuelle Mißbrauch ein wie auch unerwähnt bleibt, daß im Vergleich zu Fällen von Pädophilie häusliche Gewalt in Lettland das eigentliche Problem der Kinder ist.

Damit bleibt der Artikel in Zeiten wichtigerer Themen populistisches Geplänkel.

Abgesehen davon wäre den vielen Letten, die auch die Schuld der derzeitigen Krise in Brüssel suchen, anzuraten, sich über Ihre Zugehörigkeit zu welcher Wertegemeinschaft Gedanken machen. Wenn Menschenrechte nicht für ALLE Menschen gelten, dann sind es keine. Und wenn sie nicht für alle Menschen gelten, wer bitte entscheidet dann, für wen sie gelten, wann und wo? Linda Mūrniece?

Lettland ist ein uabnhängiges Land, dem das Recht zusteht, seine Gesellschaft zu gestalten. Vielleicht sollte Frau Mürniece einfach eine neue Partei gründen, welche offen für den Rückzug aus EU und dem Schengenraum proklamiert. Dann können keine Juden und Schwule mehr einreisen, ohne von einer Botschaft Lettlands kontrolliert zu werden.

Sieht sie sich als Demokratin, versucht sie dafür eine politische Mehrheit im demokratischen Entscheidungsprozeß zu finden. Sonst hilft nur ein Putsch und eine autoritäre Herrschaft, die nicht wenige in Lettland ebenfalls befürworten.

Gewiß wäre es dann noch von Nöten, der Bevölkerung zu erklären, welche Folgen dies für das Land hat. Shopping in Berlin, Kaffe trinken in Paris etc müsten die Letten dann natürlich länger im Voraus planen.

Wohin Versuche von Autarkie führen, darüber können in Europa Rumänien und Albanien berichten.

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