Seit einigen Stunden sind die Wahllokale in Lettland geöffnet. Die Bevölkerung hat Gelegenheit, mit dem Stimmzettel dem Unmut gegenüber der politischen Elite auszudrücken. Dabei ist die verbreitete Behauptung, alle Politiker seien Diebe, in der Krise nichts Neues. Die Letten haben Mitte der 90er Jahre nicht besser über ihre politische Führung gesprochen. Gleichzeitig hat der Wähler aber auch im Gegenteil zum nördlichen Nachbar Estland nie für einen Elitenwechsel gesorgt, sondern Personen und ihren Versprechungen vertraut, nicht selten begründet durch politische Werbung. Das Ergebnis war eine dynamische politische Landschaft mit einer Kakophonie sich beständig wandelnder politischer Kräfte, an deren Spitze aber mehr oder weniger immer dasselbe Personal stand. Auf diese Weise konnte noch vor vier Jahren die damals regierende Minderheitsregierung von Aigars Kalvītis während der soagenannten „fetten Jahre“, als die Kreditgelder reichlich flossen, eine Wiederwahl mit absoluter Mehrheit feiern.
Was ist diesmal anders? Lettland steckt in eier tiefen witrtschaftlichen und moralischen Krise. Die einflußreichen politischen Persönlichkeiten, die während Jahren einen wirtschaftlichen Aufschwung (auf Pump) realisieren konnten, haben abgewirtschaftet. Ein junger Ministerpräsident ohne Korruptionsverdacht führt die Regierungsgeschäfte und eine seit zwanzig Jahren auf einen Ausgleich zwischen russischen und lettischen Bevölkerungsteilen orientierte Partei, welche bislang von allen Regierungen ausgeschlossen worden war, erringt inzwischen nie dagewesene Popularitätswerte.
Seit Wochen ist der Ausgang der Wahl vergleichsweise offen und schwer zu prognostizieren, wenn auch gewisse berechtigte Vermutungen über die Stärke der politischen Kräfte bestanden. Wie immer sind bis kurz vor der Wahl sehr viele Wähler unentschlossen und zahlreiche wollen ihren Unmut durch den Boykott des Urnengangs zum Ausdruck bringen.
Exkurs: Dabei ist in Lettland eine Protestbekundung durch Stimmabgabe komplex. Einen Stimmzettel ungültig zu machen durch nicht vorgesehene oder auch unflätige Kommentare ist so gut wie ausgeschlossen. Der Einwurf eines leeren Umschlages in die Urne gilt jedoch als Wahlbeteiligung und die 5%-Hürde gilt in Lettland bezogen auf alle abgegebenen, nicht nur die gültigen Stimmen.
Die Stimmung unmittelbar vor der Wahl und heute am Wahltag hat sich bedingt verändert. Es scheint inzwischen möglich, daß die Partei Für die Rechte des Menschen in einem integrierten Lettland den Sprung ins Parlament eventuell verfehlt. Diese Partei geht zurück auf jene Kräfte, die 1991 den Zusammenbruch der Sowjetunion verhindern wollten. AS2, die Listenverbindung der Oligarchen, die unter dem Namen Für ein gutes Lettland firmiert, könnte auch deutlich unterhalb den je 5% für die beiden ursprünglichen Kräfte Volkspartei und Lettlands Erste Partei abschneiden. Es handelt sich hier bei um jene Politiker, welche die Politik der vergangenen zwanzig Jahre wesentlich mitzuverantworten haben und vermutlich nur noch von den Profiteuren dieser Zeit unterstützt werden. Obwohl diese Partei wie die umfangreiche Wahlwerbung vermuten läßt, über die größten Geldvorräte verfügt, scheinen die Plakate ihre Wirkung zu verfehlen.
Die Grünen und Bauern-Union plakatiert zwar den nach wie vor in Lettland populären Bürgermeister von Ventspils, Aivars Lembergs, als Kandidat für das Amt des Regierungschef, doch sein Konterfei wird nicht verwendet, Lembergs steht auf keiner Liste und hat auch öffentlich eine Kandidatur ausgeschlossen. Schien für diese selten Position beziehende politische Kraft ein Ergebnis von 20% erreichbar, so geben die jüngsten Stimmungen ihr nur etwas mehr als die Hälfte.
Was sind nun nach der Wahl wahrscheinliche oder mögliche Szenarien? Die derzeitige Minderheitsregierung von Dombrovskis könnte die Wahl für sich entscheiden. Präsident Zatlers hat bereits mit mehreren Äußerungen angedeutet, daß er Dombrovskis als Ministerpräsident bevorzugt. Doch auch das „russische“ Harmoniezentrum wird stark werden und bietet damit Chancen zu neuen Kombinationen. Die Partei wird außerdem verhandlungswillig sein, weil sie sich endlich an der Macvht beweisen will. Vorstellbar ist deshalb sogar der Verzicht auf das Amt des Regierungschefs zugunsten einer kleineren Partei.
Eine Koalition aus der Einigkeit des Regierungschefs und dem Harmoniezentrum böte die Chance auf einen Ausschluß der bislang regierenden Oligarchen. Gleichzeitig ist unter den Politikern der Einigkeit mit Widerständen zur rechnen, weshalb eine solche Zusammenarbeit nur bei einer deutlichen Parlamentsmehrheit denkbar ist.
Viele Kommentatoren sehen deshalb die Grünen und Bauern als Königsmacher. Für welchen der beiden potentiellen Sieger, Harmoniezentrum oder Einigkeit, sie sich als Partner entscheiden, wird das Rennen machen, wobei sicher auch in dieser „lettischen“ Partei mit Widerspruch zu rechnen ist.
Als sicher darf gelten, daß eine Regierung aus den Grünen und Bauern mit der Oligarchenkoalition und den Nationalisten als Mehrheitsbeschaffern für Lettland bedeutete, daß sich schlicht überhaupt nichts ändern würde.
Insofern ist die heutige Wahl eine Schicksalswahl zwischen einem weiter so, was das Land sicher dauerhaft zum Mezzogiorno der EU machen würde, einer deutlichen Veränderung oder Ungewißheit, wie die Zukunft aussehen soll. Die Antwort liegt in der Bereitschaft der lettischen Bevölkerung, den russischen Bevölkerungsanteil, der zu einem großen Teil inzwischen Lettisch spricht, über die Staatsbürgerschaft verfügt und nicht als fünfte Kolonne Moskaus zu betrachten ist, als vollwertige Mitbürger zu akzeptieren.
Was ist diesmal anders? Lettland steckt in eier tiefen witrtschaftlichen und moralischen Krise. Die einflußreichen politischen Persönlichkeiten, die während Jahren einen wirtschaftlichen Aufschwung (auf Pump) realisieren konnten, haben abgewirtschaftet. Ein junger Ministerpräsident ohne Korruptionsverdacht führt die Regierungsgeschäfte und eine seit zwanzig Jahren auf einen Ausgleich zwischen russischen und lettischen Bevölkerungsteilen orientierte Partei, welche bislang von allen Regierungen ausgeschlossen worden war, erringt inzwischen nie dagewesene Popularitätswerte.
Seit Wochen ist der Ausgang der Wahl vergleichsweise offen und schwer zu prognostizieren, wenn auch gewisse berechtigte Vermutungen über die Stärke der politischen Kräfte bestanden. Wie immer sind bis kurz vor der Wahl sehr viele Wähler unentschlossen und zahlreiche wollen ihren Unmut durch den Boykott des Urnengangs zum Ausdruck bringen.
Exkurs: Dabei ist in Lettland eine Protestbekundung durch Stimmabgabe komplex. Einen Stimmzettel ungültig zu machen durch nicht vorgesehene oder auch unflätige Kommentare ist so gut wie ausgeschlossen. Der Einwurf eines leeren Umschlages in die Urne gilt jedoch als Wahlbeteiligung und die 5%-Hürde gilt in Lettland bezogen auf alle abgegebenen, nicht nur die gültigen Stimmen.
Die Stimmung unmittelbar vor der Wahl und heute am Wahltag hat sich bedingt verändert. Es scheint inzwischen möglich, daß die Partei Für die Rechte des Menschen in einem integrierten Lettland den Sprung ins Parlament eventuell verfehlt. Diese Partei geht zurück auf jene Kräfte, die 1991 den Zusammenbruch der Sowjetunion verhindern wollten. AS2, die Listenverbindung der Oligarchen, die unter dem Namen Für ein gutes Lettland firmiert, könnte auch deutlich unterhalb den je 5% für die beiden ursprünglichen Kräfte Volkspartei und Lettlands Erste Partei abschneiden. Es handelt sich hier bei um jene Politiker, welche die Politik der vergangenen zwanzig Jahre wesentlich mitzuverantworten haben und vermutlich nur noch von den Profiteuren dieser Zeit unterstützt werden. Obwohl diese Partei wie die umfangreiche Wahlwerbung vermuten läßt, über die größten Geldvorräte verfügt, scheinen die Plakate ihre Wirkung zu verfehlen.
Die Grünen und Bauern-Union plakatiert zwar den nach wie vor in Lettland populären Bürgermeister von Ventspils, Aivars Lembergs, als Kandidat für das Amt des Regierungschef, doch sein Konterfei wird nicht verwendet, Lembergs steht auf keiner Liste und hat auch öffentlich eine Kandidatur ausgeschlossen. Schien für diese selten Position beziehende politische Kraft ein Ergebnis von 20% erreichbar, so geben die jüngsten Stimmungen ihr nur etwas mehr als die Hälfte.
Was sind nun nach der Wahl wahrscheinliche oder mögliche Szenarien? Die derzeitige Minderheitsregierung von Dombrovskis könnte die Wahl für sich entscheiden. Präsident Zatlers hat bereits mit mehreren Äußerungen angedeutet, daß er Dombrovskis als Ministerpräsident bevorzugt. Doch auch das „russische“ Harmoniezentrum wird stark werden und bietet damit Chancen zu neuen Kombinationen. Die Partei wird außerdem verhandlungswillig sein, weil sie sich endlich an der Macvht beweisen will. Vorstellbar ist deshalb sogar der Verzicht auf das Amt des Regierungschefs zugunsten einer kleineren Partei.
Eine Koalition aus der Einigkeit des Regierungschefs und dem Harmoniezentrum böte die Chance auf einen Ausschluß der bislang regierenden Oligarchen. Gleichzeitig ist unter den Politikern der Einigkeit mit Widerständen zur rechnen, weshalb eine solche Zusammenarbeit nur bei einer deutlichen Parlamentsmehrheit denkbar ist.
Viele Kommentatoren sehen deshalb die Grünen und Bauern als Königsmacher. Für welchen der beiden potentiellen Sieger, Harmoniezentrum oder Einigkeit, sie sich als Partner entscheiden, wird das Rennen machen, wobei sicher auch in dieser „lettischen“ Partei mit Widerspruch zu rechnen ist.
Als sicher darf gelten, daß eine Regierung aus den Grünen und Bauern mit der Oligarchenkoalition und den Nationalisten als Mehrheitsbeschaffern für Lettland bedeutete, daß sich schlicht überhaupt nichts ändern würde.
Insofern ist die heutige Wahl eine Schicksalswahl zwischen einem weiter so, was das Land sicher dauerhaft zum Mezzogiorno der EU machen würde, einer deutlichen Veränderung oder Ungewißheit, wie die Zukunft aussehen soll. Die Antwort liegt in der Bereitschaft der lettischen Bevölkerung, den russischen Bevölkerungsanteil, der zu einem großen Teil inzwischen Lettisch spricht, über die Staatsbürgerschaft verfügt und nicht als fünfte Kolonne Moskaus zu betrachten ist, als vollwertige Mitbürger zu akzeptieren.
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