Mittwoch, 19. März 2008

Diskussion mit Kloty die letzte

Kloty hat in einem Kommentar am 21. Februar im Estland Blog erklärt, er verträte nicht die Position der enttäuschten Russen.
Bei der Aufstellung der durch die Okkupation verursachten Kosten durch Estland ist ihr gutes Recht und keine Spekulation darüber, was wäre gewesen, wenn sie nicht stattgefunden hatte. Eine Aufrechnung wird es erst, wenn Rußland, wie Kloty auch gleich einwendet, eine Gegenrechnung des Nachkriegaufbaus und der Olympischen Spiele aufmacht. So aber argumentieren exakt die enttäuschten Russen. Warum anerkennen sie nicht einfach einmal, ja, das war ein Fehler eines verbrecherischen Regimes in der Sowjetunion.
Und dazu gehört selbstverständlich auch die Frage der Territorien. Auf einem Denkmal, daß an den Freiheitskampf erinnert, sind die damaligen Grenzen natürlich am richtigen Ort. Oder sollen nach Klotys Ansicht jetzt alle Geschichtsatlanten geändert werden?
Kloty verlangt mit Stunde 0 und Neuanfang immer nur Zugeständnisse von Seiten der Esten, die aber nun am allerwenigstens für die Sowjetherrschaft verantwortlich sind.
Und wieso „nahes Ausland“. Wir Deutsche bezeichnen ja auch die Luxemburger nicht als nahes Ausland. Ausland ist Ausland. Punktum.
Übrigens trifft die finno-ugrischen Einwohner in den von Estland abgetrennten Gebieten dasselbe wie nicht russische Völker anderswo in der russischen Föderation. Zwar verbietet ihnen niemand die eigene Sprache, aber im Gegenteil zu Ländern wie der Schweiz, die alles unternimmt, um das Aussterben des Rätoromanischen zu verhindern, setzt Rußland alles daran, genau dies zu erreichen.
Ich lebe seit 15 Jahren in Estland und Lettland. Die wenigsten Russen, die ich bislang getroffen habe, denken so wie Kloty. Vergleichbare Äußerungen höre ich nur von solchen Russen, die der Sowjetunion nachtrauern.
Übrigens hat Egbert Jahn inzwischen geantwortet. Er hat diese Äußerung in jenem Zusammenhang getan, daß Stalin mit der Bildung der Sowjetunion ursprünglich eine Alternative zum Völkerbund anbieten wollte, also im Unterschied zur Schweiz, den USA oder Deutschland den Anspruch erhob, einen Staatenbund zu gründen und keinen Bundesstaat. Kantone, Bundesländer und Staaten können aus den genannten Staaten auch nicht austreten. Aber ich denke, es besteht Einigkeit darüber, daß die Sowjetunion ein Staat war.
Aber zurück zu Kloty. Sein Neuanfang verlangt von den Esten, die Befindlichkeiten der Russen zu akzeptieren, während eine entsprechende Gegenleistung bislang mit keinem Wort erwähnt wurde. Statt dessen kommen von seiner Seite Aufrechnungen, die alles entschuldigen sollen. Ich betrachte damit diese Diskussion als beendet.

2 Kommentare:

kloty hat gesagt…

Hallo Herr Reetz,

hiermit möchte ich mich bei Ihnen bedanken, dass Sie so viel Zeit und Mühen in die Diskussion mit mir investiert haben. Diskussion mit Ihnen war bisher die interessanteste und fruchtbarste, die ich seit des Erstellung meines Blogs geführt habe. Sie haben Ihren Standpunkt immer klar und gut argumentiert vertreten und auch nie ausfällig geworden, was in solchen Internet-Diskussionen durchaus keine Seltenheit ist. Wie es aussieht hat keiner von uns den anderen von seinen Positionen abbringen können, aber selbst das ist ein Ergebnis, zumindest kennt jeder die Argumentation der anderen Seite, was auch schon (zumindest für mich) sehr wertvoll ist.

Mit freundlichen Gruessen,

kloty

Axel Reetz hat gesagt…

Was den Ton betrifft, Kloty: ich werde kaum in meinem eigenen Blog, wo ich namentlich identifizierbar bin, ausfällig werden. Auch sonst halte ich davon wenig. Aber offen gestanden sehe ich keine fruchtbare Diskussion, und zwar nicht wegen der fehlenden Überzeugung des Gegenübers, sondern weil Kloty auf meine Argumente nicht eingeganen ist. Er bezeichnet Estland als seine Heimat, spricht von Neuanfang, argumentiert aber wie ein Sowjetveteran, der ganz im Gegenteil zum propagierten Neuanfang Verständnis für die eigenen Befindlichkeiten verlangt, selbst aber dazu nicht bereit ist. Das ist sehr schade und meines Erachtens die Wurzel allen weiteren Übels.