Dienstag, 2. März 2010

Das ist trivial

Es ist offensichtlich an der Zeit, Triviales zu sagen. Ich bin eigentlich nicht der Ansicht, daß der Staat festlegen sollte, wieviel ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer für die Ausübung konkreter Tätigkeiten zu bezahlen wie auch, für welchen Betrag ein Arbeitnehmer zu arbeiten bereit ist.

Wenn nun Außenminister Guido Westerwelle in seiner Funktion als Vorsitzender der FDP erklärt, wer arbeite müsse mehr verdienen, als wer nicht arbeite, wer wurde ihm da widersprechen wollen?

Westerwelle zieht damit her über die spatrömische Dekadenz der Hartz IV-Empfänger. Dabei ist es trivial, daß es Familien gibt, die sich über Generationen in der Hängematte des Sozialnetzes ausruhen wie es auch Leute gibt, die händeringend nach einer Beschäftigung suchen, allein schon, um am sozialen Leben teilhaben zu können. Viele Tranferleistungsempfänger trauern daher sogar 1-Euro-Jobs nach.

Aber das wissen wir ja alle nicht erst seit Westerwelles Feldzug. Das Risiko der Kinderarmut bei Alleinerziehenden und dergleichen an Hartz IV hangende Probleme sind ebenfalls oft genug ausgesprochen worden.

Schon seltener hingegen geht es um die Aufstocker. Wie war das noch a la Westerwelle, wer arbeitet, muß mehr verdienen? Da hat er an Aufstocker wohl nicht gedacht, oder sollen die seiner Ansicht nach zu ihrem Salar künftig den vollen Hartz IV-Satz bekommen? Das wiederspräche freilich der Logik des Systems. Der Aufstocker verdient der Idee nach mehr selbst, als er aufzustocken gezwungen ist und kann von seinem Verdienst zwar alles behalten, aber in Wirklichkeit wird im alles abgenommen, denn Hartz IV bekäme er ja auch ohne Arbeit. Umgekehrt wird jenem, der sich ein bißchen zum Hartz IV Satz hinzuverdient, ebenfalls der gesamte Verdienst abgenommen, obwohl er der Idee nach weniger selber verdient als aufstockt.

Die Crux steckt also weniger in der Frage nach der Hohe der Hartz IV-Satze als der nach der Hohe der Einkommen. Nur weil es Arbeitgeber gibt, die weniger als den Hartz IV-Satz für die Verrichtung konkreter Aufgaben zu zahlen bereit und Arbeitnehmer für weniger als den Hartz IV-Satz morgens aufzustehen bereit sind, steht Staatliche Alimentierung im Preisvergleich mit Einkommen zur Debatte. Und da ein Hartz IV-Empfänger zu zumutbaren Arbeiten gezwungen werden kann, gibt es einen lebendigen Markt in diesem Sektor.

Damit stellt sich immer noch nicht zwangsläufig die Frage nach staatlich reglementierten Mindestlohnen, sondern die nach der Produktivität bestimmter Arbeitsplatze. Arbeitgeber mochten doch bitte einmal erklären, warum ein Mitarbeiter Vollzeit beschäftigt ist, aber in diesem Zeitraum nicht so viel erwirtschaftet, daß sich der Arbeitgeber die Zahlung einer Vergütung erlauben kann, mit welcher der Arbeitnehmer ein Auskommen hat.

Da diese Leute dann alle zu Aufstockern werden, kommt für ihren Lebensunterhalt der Steuerzahler auf. Zu denen gehören freilich wiederum dieselben Arbeitgeber. Aber nicht nur sie. Dazu gehören auch jene, welche nach Ansicht von Guido Westerwelle den Karren ziehen, morgens aufstehen und so weiter …

Im Grunde also, zieht Westerwelles Logik jenen, die seiner Ansicht nach mehr Netto vom Brutto haben sollen, das Geld aus der Tasche, mit dem er die Schaffung von offensichtlich nicht produktiven Arbeitsplatzen finanziert. Man konnte es auch als Alimentierung der Arbeitgeber bezeichnen.

Muß man ein Sozialist sein und oder für staatliche Mindestlohne plädieren, um diese Logik unlogisch zu finden?

Ach so, daß die spatrömische Dekadenz nicht den Plebejer, sondern die Patrizier betraf, hat die Presse ja bereits angemerkt. Aber dieser kleine Fehler in Westerwelles Vergleich ist nebensachlich, auch wenn sich dieselben Medien teils auf den Vergleich mit Bankerbonis gestürzt haben. Aber das ist ein anderes Thema. Sozialisten sehen das womöglich nicht so.

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