Samstag, 6. September 2014

Mysteriöse Entführung eines Grenzers

Dieser Tage ist nahe der estnischen Grenzstation Luhamaa ein Mitarbeiter der Estnischen Schutzpolizei KAPO nach Rußland entführt worden. Das Opfer wurde zunächst mit einer Waffe bedroht, um dann eine Rauchbombe zu zünden, die den Einsatz weiteren Gerätes von estnischer Seite unmöglich machte. Einen solchen Vorfall, berichtet die estnische Tageszeitung Postimees, habe es in der jüngeren Geschichte in Estland nicht gegeben, auch wenn es auf beiden Seiten der Grenze in der Vergangenheit immer wieder zu Konflikten gekommen war. Ein Vorfall wie dieser erinnere jedoch an die zeit vor dem Zweiten Weltkrieg, als etwa 1938 auf dem Peipussee, der sich zu beiden Seiten der Grenze erstreckt, mehrere Zöllner ermordet wurden. Einweilen aber gebe es noch zu wenig konkrete Informationen, um endgültige Schlußfolgerungen ziehen zu können, sagte der Direktor der KAPO Arnold Sinisalu. Die Sicherheitsbehörde sehe in dem Vorfall einstweilen ein normales Verbrechen ohne politischen Hintergrund. Die Täter könnten einfach Kriminelle gewesen sein. Gleichzeitig verbreitete der russische Geheimdienst FSB nur wenige Stunden später, daß im Kreis Pihkva ein Beamter der estnischen Sicherheitspolizei namens Eston Kohver aufgegriffen worden sei. Sinisalu meint jedoch, daß die Behörde mit grenzüberschreitender Korruptionsbekämpfung beschäftigt sei und ein zwischenstaatliches gegenseitiges Ausspionieren daher unwahrscheinlich. Die Russen wiederum behaupten, sie hätten vom dem Aufgegriffenen eine Pistole mit Munition, 5.000 Euro und Papiere konfisziert, die auf eine Spionagetätigkeit hinwiesen. Estland nimmt den Fall trotzdem Ernst genug, den russischen Botschafter in Estland Juri Merzljakow einzubestellen, um Rußland bei der Aufklärung des Falles um Hilfe zu bitten. Gleichzeitig erklärten Präsident Toomas Hendrik Ilves und Ministerpräsident Taavi Rõivas die Heimkehr von Eston Kohver für das wichtigste Ziel. Die Zeitung betont noch einmal, daß die KAPO angesichts von Zeugenaussagen, die nur den Grenzübertritt von Personen nach Estland, die beschriebenen Ereignisse und die Rückkehr der Betroffenen nach Rußland, aber keinen Waffengebrauch beobachtet haben wollen, es für falsch hält, den Vorfall in irgendeinem Zusammenhang mit den kriegerischen Auseinandersetzungen in der Ukraine oder dem NATO-Summit jüngst in Wales sehen wollen. In der Presse wird über die Hintergründe der Entführung spekuliert. Das Nachrichtenportal Delfi.ee hält die Möglichkeit bereit, der Grenzschutz sei über eine illegale Grenzübertretungen, Schmuggel und Menschenhandel informiert worden. Aus Rußland kommt die Vermutung, es handele sich für einen solchen Fall um Bestechung. Darum habe Kohver auch das Geld bei sich gehabt. Aus dem an Rußland grenzenden Kreis Ida-Virumaa stammend, spreche er hervorragend russisch und kenne die Mentalität gut. Er arbeitet nach Agaben der KAPO bereits seit den 90er Jahren an der Grenze. Nach Meinung von Innenminister Hanno Pihvker könnte der russische Grenzschutz bei seinen Kontrollen auch nur durch Zufall auf den Beamten getroffen sein. Kohver sei von den Kollegen zu weit entfernt gewesen, als diese etwas hätten unternehmen können. So wurde die Rauchbombe verwendet, um kurzfristig die Sicht einzuschränken und den estnischen Grenzer nach Rußland über die Grenze zu bringen und dem FSB zu überführen. Die russische Seite wiederum behauptet, aus Estland habe es unter Geschäftsleuten in Rußland Versuche einer Anwerbung gegeben, um technisches Gerät illegal über die Grenze zu schaffen. Das Hauptquartier des FSB in Pskov hinter der Grenze sei von einem Maskierten mit einer Kamera ausspioniert worden. Den Spekulationen zu Folge könnte sich die estnische Regierung täuschen mit ihrer Hoffnung auf eine baldige Heimkehr Kohvers. Ebenso gut sei es möglich, daß die Russen einen Signalprozeß organisieren.

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