Samstag, 6. Februar 2010

Flagge zeigen oder nicht hat Folgen

In Lettland ist es eine Ordnungswidrigkeit, an staatlich festgelegten Festtagen nicht zu flaggen. An öffentlichen Gebäuden übernimmt das freilich jemand, der dafür bezahlt wird, aber im Lande leben genug Menschen in allein stehenden Einfamilienhäusern – und die müssen auch alle flaggen. Theoretisch ist das so, aber es versteht sich von selbst, daß eine flächendeckende Kontrolle irreal ist. Trotzdem kann es passieren, daß die pašvaldības policija, das aufgerüstete Ordnungsamt, das hierzulande Munizipalpolizei heißt, dem Sünder ein Knöllchen ausstellt.

Selbstverständlich belächeln diese Regeln nicht nur Ausländer, während solche mit Eigenheimen sich darüber sogar erzürnen, sondern auch nicht jeder Einheimische ist von dieser Regel begeistert. Und so hat diese Woche das Parlament eine Novelle verabschiedet, mit der die Ahndung dieser Ordnungswidrigkeit gemildert wird.

Bislang wurde eine Strafe von bis zu 30 Ls, etwa 45 Euro, erhoben, wenn gegen die Art und Ordnung des Flaggens verstoßen wurde. Wenn aber die Flagge an den vom Parlament, der Regierung oder der kommunalen Selbstverwaltung festgelegten Tagen überhaupt nicht gehißt wurde, drohten sogar 50 Ls Strafe.

Kein Nachsehen gibt es für in Lettland lebende Bürger der Republik Estland, die am estnischen Staatsfeiertag statt der lettischen die estnische Flagge zeigen möchten.

Die neue Richtlinie sieht zunächst eine Verwarnung vor und die Bestrafung mit 30 Ls Bußgeld erst im Wiederholungsfalle. Zur Begründung muß herhalten, daß so nicht gegen ältere Mitbürger vorgegangen werden dürfe, die es nicht mehr schaffen, die Flagge zu hissen. Und die Härte des Gesetzes dürfe ebenfalls nicht Personen treffen, die einfach nur vergessen haben, ihre Flagge hinauszuhängen. Es ginge schließlich nicht um Bestrafung, sondern darum, daß geflaggt werde.

Gleichzeitig ist es in den baltischen Staaten in den letzten Jahren chic geworden, kleine Fähnchen in die Fenster der Autos zu stecken, so daß sie das Dach ein wenig überragen und beim Fahren flattern. Neben diesem Patriotismus Estlands, Lettlands und Litauens sind oft auch russische Flaggen zu sehen, die jedoch in aller Regel nur auf dem Armaturenbrett im Wageninneren schlaff herunterhängen.

Da dies ein Mitarbeiter der lettischen Post in seinem Dienstfahrzeug tat, wurde er jüngst entlassen. Die Begründung liegt in der Dienstvorschrift, daß der Mitarbeiter im Wagen keine Gegenstände mitführen darf, die nicht für die Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich sind.

Auf die Spur kam die Post ihrem offensichtlich russischen Mitarbeiter dank einer letztes Jahr von jungen Nationalisten initiierten Aktion, Autos zu fotografieren, die ihre fehlende Loyalität gegenüber Lettland durch russische Symbole zum Ausdruck bringen. Eines der im Internet gezeigten Autos war das Dienstfahrzeug der Post.

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