Wie man dieses Land ausspricht und ob die Sprache nun „Estnisch“ oder „Estisch“ heißt, daß werde ich häufig gefragt. Der Staat, in welchem diese Sprache gesprochen wird, heißt offiziell „Eesti Vabariik“ (Republik Estland) oder auch „Eestimaa“, was die direkte Übersetzung von Estland ist. Auf Estnisch, so heißt diese Sprache, wird das E lang und geschlossen gesprochen, darum halte ich es im Deutschen auch so. Die Aussprache ist jedoch auch eine Frage der deutschen Mundart.
Estnisch ist keine baltische Sprache, wie Lettisch und Litauisch, auch wenn man im Deutschen vom Baltikum spricht, sondern es handelt sich um eine finno-ugrische Sprache, deren nächster Verwandter das Finnische ist. Oft behaupten Esten, man verstünde Finnisch. Sie vergessen dabei, daß sie zu sowjetischen Zeiten via Fernsehen die Sprache erlernt haben. Die Finnen verstehen kein Estnisch, und ich, der ich des Estnischen mächtig bin, verstehe kein Finnisch.
In der Regel schlagen alle immer die Hände über dem Kopf zusammen, wenn ich erwähne, daß das Estnische 14 Fälle hat, dunkle Erinnerungen an Grammatikstunden kommen hoch. Doch dieser Umstand macht keineswegs den Schwierigkeitsgrad der Sprache aus. Die Endungen der Fälle ersetzen nämlich nur, was im Deutschen Präpositionen leisten: so gibt es den „Mitfall“ und den „Ohnefall“. „Koorega“ bedeutet mit Sahne, „Kooreta“ hingegen ohne.
Was die estnische Sprache für den Ausländer zu erlernen anstrengend macht, ist ihre Unregelmäßigkeit. Wie ich zu sagen pflege, die Regel ist die Ausnahme und die Ausnahme die Regel. So ist der Anfänger gezwungen, die ersten drei Fälle des Singulars und den zweiten und dritten Fall im Plural zunächst auswendig zu lernen, denn die Wortstämme ändern sich teilweise grundlegend: „vesi, vee, vett“ bedeutet Wasser. Freilich gibt es Flexionsstrukturen, aber auch diese sind so umfangreich, daß sie so dick sind wie ein Wörterbuch.
Aber dies gilt nicht nur für die Substantive, sondern auch für die Verben. Nicht genug damit, daß es zwei Infinitive gibt, deren Verwendung außerdem noch verstanden werden muß, sondern sie heißen „ma“ und „da“ und sollten eigentlich auch so enden. Doch das ist eben nicht immer so. „Minema“ heißt gehen, aber der da-Infinitiv heißt statt „mineda“ leider „minna“. Die Infinitivendung durch ein N ersetzend wird normalerweise die erste Person Singular gebildet. Ich gehe heißt aber statt „minen“ bedauerlicherweise „lähen“, also ein vollständig anderes Wort. Mit „läksin“ statt „minesin“ gilt dies für die Vergangenheit ein zweites Mal.
In der Rechtschreibung wird der unbedarfte Beobachter registrieren, daß die Esten wie die Deutschen über Umlaute verfügen, allerdings gibt es noch einen Vokal, den die deutsche Sprache nicht kennt: das Õ, das O mit der Tilde. Dieser Buchstabe spricht sich ähnlich dem hartem I im Russischen: „?“. Gesprochen wird es, für jene, die sich mit Phonetik auskennen: die Lippen in E-Stellung, die Zunge aber in O-Stellung.
Auffällig auf den Straßenschildern sind ebenfalls die vielen Doppelbuchstaben. Die estnische Sprache kennt drei Lautlängen: kurz, lang und ganz lang. Und dies bezieht sich im Unterschied zum Deutschen auch auf Konsonanten. Lange und ganz lange Laute werden mit zwei Buchstaben geschrieben, so daß man diesen Unterschied einfach kennen muß. Die korrekte Aussprache ist nicht ganz unwichtig, was sich am klassischen Beispiel demonstrieren läßt: „sada“ (siehe 100 EEK mit Lydia Koidula) bedeutet 100. „Saada“ hingegen heißt schicken und „saada“ mit ganz langem A wiederum empfangen.
Die Esten kennen auch Palatalisierungen, also Erweichungen, kennzeichnen diese aber im Gegenteil zu anderen Sprachen nicht. Das bei der Hauptstadt „Tallinn“ das doppelte N und L palatalisiert wird, muß man wissen. Ebenso verhält es sich etwa beim S in „poiss“, Junge.
Überhaupt ist Estnisch sehr vokalreich. Das Estnische Institut wirbt mit dem Begriff „hauaööõudused“, der zwar tatsächlich eine Bedeutung hat, aber denn doch eine eher unsinnige: „Haud“ ist das Grab, „öö“ die Nacht und „õudused“ die Schrecken. Mein Lieblingswort hingegen ist „öötöö“, also vier Ö mit einem T in der Mitte. „Öö“ bedeutet wie erwähnt Nacht, „töö“ ist die Arbeit.
Aber neben allen diesen Besonderheiten gibt es weitere. Das Estnische kennt nämlich kein Futurum. Auch im Deutschen sagt selten jemand „morgen werde ich in die Stadt gehen“, die Benutzung des Adverbs der Zeit genügt. Die Esten sind aber darauf angewiesen und verwenden sonst das Verb „hakkama“, was soviel wie beginnen bedeutet.
Außerdem kennen die Esten kein grammatikalisches Geschlecht, weshalb Esten in der Fremdsprache über dritte Personen berichtend oft zwischen er und sie hin und her wechseln, so daß man am Ende geneigt ist zu sagen, das dies ja alles sehr interessant ist, aber war es nun ein Mann oder eine Frau?
Mich verleitet das immer zu einem Scherz – und da haben auch die Esten genug Humor: die Esten haben kein Geschlecht und keine Zukunft.
Estnisch ist keine baltische Sprache, wie Lettisch und Litauisch, auch wenn man im Deutschen vom Baltikum spricht, sondern es handelt sich um eine finno-ugrische Sprache, deren nächster Verwandter das Finnische ist. Oft behaupten Esten, man verstünde Finnisch. Sie vergessen dabei, daß sie zu sowjetischen Zeiten via Fernsehen die Sprache erlernt haben. Die Finnen verstehen kein Estnisch, und ich, der ich des Estnischen mächtig bin, verstehe kein Finnisch.
In der Regel schlagen alle immer die Hände über dem Kopf zusammen, wenn ich erwähne, daß das Estnische 14 Fälle hat, dunkle Erinnerungen an Grammatikstunden kommen hoch. Doch dieser Umstand macht keineswegs den Schwierigkeitsgrad der Sprache aus. Die Endungen der Fälle ersetzen nämlich nur, was im Deutschen Präpositionen leisten: so gibt es den „Mitfall“ und den „Ohnefall“. „Koorega“ bedeutet mit Sahne, „Kooreta“ hingegen ohne.
Was die estnische Sprache für den Ausländer zu erlernen anstrengend macht, ist ihre Unregelmäßigkeit. Wie ich zu sagen pflege, die Regel ist die Ausnahme und die Ausnahme die Regel. So ist der Anfänger gezwungen, die ersten drei Fälle des Singulars und den zweiten und dritten Fall im Plural zunächst auswendig zu lernen, denn die Wortstämme ändern sich teilweise grundlegend: „vesi, vee, vett“ bedeutet Wasser. Freilich gibt es Flexionsstrukturen, aber auch diese sind so umfangreich, daß sie so dick sind wie ein Wörterbuch.
Aber dies gilt nicht nur für die Substantive, sondern auch für die Verben. Nicht genug damit, daß es zwei Infinitive gibt, deren Verwendung außerdem noch verstanden werden muß, sondern sie heißen „ma“ und „da“ und sollten eigentlich auch so enden. Doch das ist eben nicht immer so. „Minema“ heißt gehen, aber der da-Infinitiv heißt statt „mineda“ leider „minna“. Die Infinitivendung durch ein N ersetzend wird normalerweise die erste Person Singular gebildet. Ich gehe heißt aber statt „minen“ bedauerlicherweise „lähen“, also ein vollständig anderes Wort. Mit „läksin“ statt „minesin“ gilt dies für die Vergangenheit ein zweites Mal.
In der Rechtschreibung wird der unbedarfte Beobachter registrieren, daß die Esten wie die Deutschen über Umlaute verfügen, allerdings gibt es noch einen Vokal, den die deutsche Sprache nicht kennt: das Õ, das O mit der Tilde. Dieser Buchstabe spricht sich ähnlich dem hartem I im Russischen: „?“. Gesprochen wird es, für jene, die sich mit Phonetik auskennen: die Lippen in E-Stellung, die Zunge aber in O-Stellung.
Auffällig auf den Straßenschildern sind ebenfalls die vielen Doppelbuchstaben. Die estnische Sprache kennt drei Lautlängen: kurz, lang und ganz lang. Und dies bezieht sich im Unterschied zum Deutschen auch auf Konsonanten. Lange und ganz lange Laute werden mit zwei Buchstaben geschrieben, so daß man diesen Unterschied einfach kennen muß. Die korrekte Aussprache ist nicht ganz unwichtig, was sich am klassischen Beispiel demonstrieren läßt: „sada“ (siehe 100 EEK mit Lydia Koidula) bedeutet 100. „Saada“ hingegen heißt schicken und „saada“ mit ganz langem A wiederum empfangen.
Die Esten kennen auch Palatalisierungen, also Erweichungen, kennzeichnen diese aber im Gegenteil zu anderen Sprachen nicht. Das bei der Hauptstadt „Tallinn“ das doppelte N und L palatalisiert wird, muß man wissen. Ebenso verhält es sich etwa beim S in „poiss“, Junge.
Überhaupt ist Estnisch sehr vokalreich. Das Estnische Institut wirbt mit dem Begriff „hauaööõudused“, der zwar tatsächlich eine Bedeutung hat, aber denn doch eine eher unsinnige: „Haud“ ist das Grab, „öö“ die Nacht und „õudused“ die Schrecken. Mein Lieblingswort hingegen ist „öötöö“, also vier Ö mit einem T in der Mitte. „Öö“ bedeutet wie erwähnt Nacht, „töö“ ist die Arbeit.
Aber neben allen diesen Besonderheiten gibt es weitere. Das Estnische kennt nämlich kein Futurum. Auch im Deutschen sagt selten jemand „morgen werde ich in die Stadt gehen“, die Benutzung des Adverbs der Zeit genügt. Die Esten sind aber darauf angewiesen und verwenden sonst das Verb „hakkama“, was soviel wie beginnen bedeutet.
Außerdem kennen die Esten kein grammatikalisches Geschlecht, weshalb Esten in der Fremdsprache über dritte Personen berichtend oft zwischen er und sie hin und her wechseln, so daß man am Ende geneigt ist zu sagen, das dies ja alles sehr interessant ist, aber war es nun ein Mann oder eine Frau?
Mich verleitet das immer zu einem Scherz – und da haben auch die Esten genug Humor: die Esten haben kein Geschlecht und keine Zukunft.
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