Samstag, 8. Dezember 2007

Ist die Sicherheit sicher?

Spätestens seit dem 11. September 2001 gibt es eine neue Dimensionen von Gefahren im Westen. Seither gibt es eine umfangreiche Diskussion der Reaktionen auf diese Herausforderung. Und hier sticht Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble hervor, der bereits unter Helmut Kohl dieses Amt innehatte und auch damals in ähnlicher Art aufgefallen ist.
Die CDU in persona ihres Ministers ist der Ansicht, daß die Sicherheitsbehörden durch das Internet Zugriff auf die Festplatten von Computern erhalten sollten. Dies klingt wie eine ergänzende Hausdurchsuchung, enthält aber mehrere neue Dimensionen. Erstens bekommt der Betroffene etwas mit von einer Durchsuchung seines Hauses, was bei der Festplatte nicht unbedingt gegeben ist. Zweitens bedarf es neben einer neuen Gesetzgebung dafür auch einer entsprechenden Software, also sozusagen eines Bundestrojaners.
Die CU rechtfertigt diesen Schritt ins Jahr 1984, bei besonderen Gefahren „muß der Staat im äußersten Notfall“ entsprechend handeln dürfen, wobei es um keine massenhafte Durchsuchung von Privatrechnern gehe, „vielmehr geht es ausschließlich um gezielte Maßnahmen gegen einzelne Terroristen“. Beides entlarvt die Einstellung der CDU.
Wieso „muß“? Es gibt zahlreiche gläubige Menschen, die eine gezielte Tötung von Menschen, die möglicherweise als Waffe eingesetzt werden, ablehnen würden. Der Innenminister können per Grundgesetzt genauso durchsetzen wollen, daß von einem Polizeihubschrauber aus Falschfahrer auf der Autobahn erschossen werden, damit sie keine unschuldigen Menschen töten, was sie ja ebenfalls in Kauf nehmen. Den Terroranschlägen von 2001 ging es offensichtlich auch nicht darum, in den Twin Towern möglichst viele Menschen in den Tod zu reißen, sonst wäre der Anschlag zu einer anderen Zeit passiert.
Wenn sich die Maßnahmen nur gegen einzelne Terroristen richtet, warum werden diese dann nicht einfach verhaftet? Die Maßnahme wäre ja überhaupt nicht erforderlich, wenn die Sicherheitsbehörden bereits wüßten, WER die Terroristen sind. Und deshalb wird, begründeter Verdacht hin oder her, in Kauf genommen, auch völlig unschuldige Menschen in ihren Rechten einzuschränken.
Inwiefern diese Probleme hausgemacht sind, darf als Frage ebensowenig vernachlässigt werden. Wer Wind sähet, wird Sturm ernten. Inzwischen ist die Mitnahme sogar von Mineralwasser an Bord eines Flugzeugs verboten. Der Westen erzeugt also weltweit durch Einmischungen als Weltpolizei in fremden Kulturen erst mehr Unsicherheit, um die im Westen üblichen Freiheit einzuschränken. Damit sägen die Träger der Werte der westlichen Kultur an dem Ast auf dem wir sitzen. Je mehr Polizeistaat a la Schäuble wir einführen, desto mehr zerstören wir die liberale Demokratie – mit einer wehrhaften (oder auch streitbaren) hat dies nichts mehr zu tun. Diese Idee richtete sich gegen Feinde im inneren, die uns nicht moralisch verletzen wollten, sondern eine andere Staatsordnung anstreben, handele es sich um linksgerichtete Terroristen oder radikale Nationalisten.
Verkauft Schäuble die Gesuchten nicht für dumm? Ein Bundestrojaner kann ja eine Festplatte nur ausspionieren, wenn der Rechner am Internet hängt. Aber sind die Terroristen so dumm, ihre Computer eingeschaltet und an die Flatrate angeschlossen Tag und Nacht auf den großen Schnüffelangriff warten zu lassen? Nichts ist einfacher, als entsprechende Daten auf einem anderen Rechner zu lagern, Modemleitungen zu benutzen, die eben nur kurzfristig einen „Kontakt“ herstellen.Ist also der Aufwand für einen angeblich so seltenen Bedarf bei entsprechenden Zweifeln gerechtfertigt?

1 Kommentar:

sonikrave hat gesagt…

Hallo Dr. Axle Reetz,

Ihre Argumentationskette finde ich gut.

Sie hätten mal bei der Beschwerde zu den nordrhein-westfälischen Vorschriften zur Online-Durchsuchung vor dem BVerfG Aussagen sollen.

Dann wäre uns der Bundestrojaner vielleicht auch vollständig erspart geblieben.